Für mich ist es die Exotik, die Fokus verlangt. Ein Mensch ist im Großen und Ganzen für alle ausdefiniert, sodass ich mich auf das Individuum konzentrieren kann, also Persönlichkeit, individuelle Merkmale usw. Je exotischer / phantastischer der Char jedoch wird, desto grober wird der Pinsel und desto mehr geistigen Fokus verlangt er. Ich kann mir nicht überlegen, welche Persönlichkeit einen Ork vom anderen unterscheidet, weil ich keinen Erfahrungshorizont mit verschiedenen als Maßstab habe. Ich muss sozusagen erstmal bespielen, wie sich ORK von MENSCH unterscheidet. Ooooder es ist am Ende einfach nur ein Mensch mit Anstrich - das ist ja ein rrgelmäßiger Kritikpunkt. Letzteres führt imo sehr schnell zu archetypischer Darstellung.
Dieser Fokus auf die Exotik der eigenen Figur bindet Aufmerksamkeit und Energie, die ich nicht mehr in das Erlebnis des Settings investieren kann. Der Arbeitsspeicher ist sozusagen schon erheblich mit "stelle Ork dar" belastet.
Ich bin noch immer überrascht, wie eng das Thema Lieblingsvolk mit „Faszination“ und „Klischee“ zusammenhängt.
Wo ich Dich und Grey und andere verstehen kann, ist „Zed als Konsument“: Eine Besonderheit „Der Hobbit“ und des HdR ist, die geheimnisvollen Elben aus der Sicht ihrer Fans, hauptsächlich der Hobbits, dargestellen. Dabei werden sie nie ganz enzaubert, ja, das ist Teil ihrer Faszination bei Tolkien.
Ein Geburtsfehler in meinen Augen von der „Ringe der Macht ist, diese Perspektive zu verlassen: Wir sehen in meinen Augen zuviel aus der Perspektive der Elben, und so verlieren sie in der Serie ihren Zauber.
Aber als aktiver Rollenspieler ist es bei mir ganz anders: Mich interessieren hier die Zwischentöne mehr als der passive, verzauberte Blick auf das Klischee von Elben. Gerne kann die Mehrheit der Elben auch im Rollenspiel feengleich durch den Wald schweben, und die Orks dürfen überwiegend blutrünstig mit den Hauern klappern, aber es muss ebenso übergewichtige Fieselben und bezaubernde Orkbardinnen geben dürfen. Zwerge müssen auch asketisch leben dürfen. Freiheit des Willens und des Spielens und Antiklischeemaßnahmen sollten im Rollenspiel doch letztlich Standard sein, meine ich.
Würdest Du bei mir einen Ork spielen, Tudor, müsstest Du nicht ein Quentchen Gedanken investieren, wie Du einen Klischee-Ork darstellst. Die Bandbreite existierender Orks sollte so groß sein, dass Dein Ork nicht die Extremausnahme darstellt.
Deine ganze Aufmerksamkeit würde also in Deine Darstellung des Individuums fließen, ganz so, als würdest Du einen Menschen spielen. Ja, es würde Dir passieren, dass Du auf Deine orkische Herkunft angesprochen würdest, aber nicht öfter, als würdest Du eine Figur aus Maccu Picchu, Kampala oder Hokkaido spielen.
Natürlich sind alle spielbaren Völker nur Varianten des Menschen, sonst könnten wir sie ja nicht spielen.
Das Geheimnisvolle verlagere ich auf andere, gehaltvollere Ebenen als die Bewunderung eines singenden Elbentrecks durch den Wald nach Westen, nämlich auf Geheimnisse und Rätsel, die in der Geschichte liegen. So können Golems als SCs den Geheimnissen ihrer eigenen Existenz auf die Spur kommen.