Autor Thema: Spielleiter-Hybris  (Gelesen 667 mal)

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Offline Luxferre

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Spielleiter-Hybris
« am: 3.11.2025 | 16:59 »
Ich möchte mit Euch ein etwas sensibleres Thema besprechen, welches durchaus Potenzial hat zu eskalieren.
Daher meine Bitte vorab: benehmt euch! Okay?

Vielleicht ist Euch ein Vertreter dieser Spezies bereits über den Weg gelaufen. Vielleicht entdeckt Ihr Züge an Euch (ich in mir) wieder?

Hybris ist erstmal ein schweres Wort. Eine gewichtige Deutung einer Person und ihres Handelns.
Ich möchte ausdrücklich nicht über selbstbewusste Menschen sprechen, die auch abliefern.
Konkret geht es um Spielleitende, die an extremer Selbstüberschätzung leiden - eigentlich ein falsches Wort, denn sie "leiden" ja nicht - vielmehr lassen sie andere leiden. Es geht um Spielleitende, welche übermütig sind, arrogant und/oder realitätsfern ihrer objektiven Fähigkeiten auftreten und total underperformen.

Nun könnte man den langen Weg gehen und ersteinmal "gutes Rollenspiel" definieren.
Ich kenn' da ne Abkürzung: "Gutes Rollenspiel entsteht dann, wenn alle am Tisch Beteiligten Spaß haben/hatten."
[wer das diskutieren möchte, möge dazu bitte einen eigenen, separaten Thread auftun!]


Ich kenne einen solchen Spielleiter persönlich (neben einigen Spezialisten, die man so im Internet liest ...).
Und ich muss sagen, dass es mir äußerst schwer fällt bei so jemandem mitzuspielen.
Dieser Jemand ist ein erfahrener Rollenspieler und ein intelligenter Geschichtenausdenker.
Aber ...

Er ist systemseitig sehr schlecht vorbereitet und erklärt den Beteiligten das zu spielende System schon in den Grundzügen völlig falsch.
Bei einem konstruktiven Hinweis darauf mauert er und antwortet angefressen, bzw laten aggressiv, dass es ja SEIN System sei.

Er ist settingseitig sehr schlecht vorbereitet. Es ist seine eigene Welt mit einem Twist im Magiesystem, welcher regelseitig und spielerisch schlicht nicht umsetzbar ist.
Dabei hält er diesen (langweiligen!) Twist für DAS Novum schlechthin und feiert sich selbst härter ab, als jede/r andere Beteiligte. So sehr, dass es mir als zukünftig Mitzuspielendem schon hart cringy ist.
Seine Ideen haben sich gefühlt in den letzten 30 Jahren nicht ansatzweise weiterentwickelt, eher sind diese sogar verkümmert.

Er doktert an jedem (!) Charakterkonzept herum. Lässt keine Wünsche nach Individualität und/oder Besonderheiten (selbst regelkonforme) zu.
Selbst so unwichtige Dinge wie die Ausrüstung wird überreguliert. Wir reden hier von so Kinkerlitzchen, wie das Aussehen (!) einer Waffe. Nichtmal die Werte ...

Alles wird on the fly improvisiert. Setting, Zusammenhänge, Plots, Beteiligte, Organisationen, Götter, Regeländerungen.
Tja, wenn's denn dann nur ein Teil davon wäre, aber wenn einem in der ersten Session schon Widersprüche (ja, Mehrzahl) ins Gesicht springen ...
Dabei versucht er es so zu verkaufen, dass er sich diese Banalitäten stundenlang ausgedacht habe.

Fazit:
Für mich ein klassischer Dunning Kruger.

--

Das Thema "Hybris" in unserem Hobby (und nicht nur dort) treibt mich schon länger um und ich möchte das gar nicht nur an diesem, oben stehenden Beispiel diskutieren.
Vielmehr bin ich gespannt auf Eure Erlebnisse und Erfahrungen.
Und vor Allem, wie ihr mit solchen Kalibern umgeht.
Und: darf man seine Freunde/Kumpel/Bekannten so hart kritisieren und mit ihnen so hart ins Gericht gehen?
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Offline Sashael

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #1 am: 3.11.2025 | 17:06 »
Ich kenne mindestens einen SL, der sich für sehr fähig hält und dabei sehr krass ... underperformed.

In die Charaktere reinreden ist da noch die Spitze des Eisbergs. Dazu kommen solche Sachen wie 75%+ aller OT-Gespräche werden von ihm gestartet, selbst wenn die Spieler alle gerade voll im Flow sind und gerne einfach nur die Story spielen wollen.

Und so weiter.

Ich meide ihn als SL, seit ich das bemerkt habe.
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Offline ghoul

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #2 am: 3.11.2025 | 17:20 »
Dieses Thema, das du ansprichst, war der Grundgedanke bei der Gründung der Ur-PESA. Kampf gegen SL-Hybris, Ermächtigung der Spielenden. Und ja, wir haben manchmal Gegenwind bekommen (Je ne regrette rien).

Meine Empfehlung an alle Spielleiter: Auch mal spielen! Das verschafft eine gewisse Erdung.
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Offline Quaint

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #3 am: 3.11.2025 | 17:22 »
Ich bin halt immer nicht sicher, ob ein "für mich" schlechter SL "universell" schlecht ist oder eben nur für mich. Aber da allzu groß herumkritisieren tue ich normalerweise nicht (mehr). Ich steige nur gegebenenfalls aus. Es gibt ja halt schon verschiedene Stile und für manche Probleme auch unterschiedliche Toleranzniveaus. Wenn die noch Spieler finden, die auch bleiben, kann es ja gar so schlimm nicht sein?

Ebenso geht es mir mit der Einschätzung meiner selbst. Ich bin seit 30 Jahren dabei, seit 20 spiele und leite ich mehrmals die Woche, Erfahrung ist da, und mit ein paar Spielern klickt es auch gut und wir haben spaßige Runden. Ich hab mich auch verschiedentlich bemüht mich zu bessern. Trotzdem mache ich nicht immer alle meine Spieler glücklich. Trotzdem sind auch nicht alle Spieler superengagiert. Ich will aber auch nicht übermäßig selbstkritisch sein, das verleidet mir sonst noch das leiten. Und teils ist es eben auch ne Frage des Aufwandes. Wenn die Spieler schon nicht superengagiert sind teilweise, will ich dann tatsächlich größere Geld- und Zeitsummen in eine Session stecken? Oder wir halt 30 minuten Gebrainstormed und die hälfte doch wieder improvisiert? Gerade mit 3-4 Runden die Woche ist es oft eher das letztere.

Aber ich mach das halt auch nicht für Publikum, ich muss keinen Oscar gewinnen, und ab und an kommen doch sehr geile Sitzungen raus. Good enough I guess.

Und dass es Leute gibt, die sich für toll halten, aber so bissle lala sind, ja gut, geschenkt, die gibt es überall. Und ein Stück weit sind SL ja nun auch Unterhalter, da kann so eine Geisteshaltung sogar bissle helfen.
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Offline Zed

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #4 am: 3.11.2025 | 17:51 »
Solche SLs gibt es sicher.

Worauf möchtest Du hinaus, Luxferre, ob jede Spielleitung hier sich (teilweise selbst) in der Beschreibung wiedererkennt?

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« Letzte Änderung: 3.11.2025 | 17:59 von Zed »
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Offline Zed

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #5 am: 3.11.2025 | 17:57 »
Dieses Thema, das du ansprichst, war der Grundgedanke bei der Gründung der Ur-PESA. Kampf gegen SL-Hybris, Ermächtigung der Spielenden. Und ja, wir haben manchmal Gegenwind bekommen (Je ne regrette rien).

Ich empfinde die undifferenzierte Gleichsetzung von "Verdecktem Eingreifen einer Spielleitung" mit "Unfähigkeit einer Spielleitung" zur Bekämpfung von "Selbstherrlichkeit von Spielleitungen" als einen wirkmächtigen, systemischen Fehler. Aber das haben wir anderswo ja ausführlich besprochen.
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Offline Outsider

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #6 am: 3.11.2025 | 17:58 »
Naja, am Ende ist ein schlechter SL nur solange SL wie die Spieler es zulassen. Ich persönlich kenne extrem schlechte SL aber die leiten dann einmal und sind dann weg. Komischerweise waren die aber nicht unsympathisch schlecht. Sie konnten es nur einfach nicht, waren aber beste Spieler. Und das war nicht das Syndrom wenn ich nur oft genug den Teller fallen lasse lässt mich keiner mehr abwaschen. Sie wollten ja, aber es war besser wenn nicht.

Bösartig schlechte SL kenne ich nur aus dem Internet und da kann man ja relativ leicht den Stecker ziehen.
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Offline HEXer

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #7 am: 3.11.2025 | 18:15 »
Ganz so leicht ist es leider manchmal nicht, einen Platz als Spieler zu finden. Da hilft es leider auch nicht gerade, wenn man das schon eine ganze Weile macht und eine recht genaue Vorstellung davon hat, was und wie man spielen möchte.

Ich tue mich mit dem Begriff "underperformt" ehrlich gesagt ein Bisschen schwer. Ich bin kein "Leistungsrollenspieler" und kein Leistungsspielleiter. Ich bin auch kein Dienstleister. Ich sehe mich als jemanden, der eine andere Aufgabe übernimmt als die anderen Mitspielenden, aber der genau so viel oder wenig verantwortlich dafür ist, dass alle Spaß haben wie jeder andere am Tisch. So. That said:

Wenn man die Checkliste aus dem Eingangspost durchgeht, dann bin ich kein guter Spielleiter. Das hat verschiedene Gründe. Zum Einen lese ich viele Systeme und Settings gleichzeitig, spiele aber nur noch in größeren Abständen. Ich fange also oft wieder von vorne an. Zweitens ist die Arbeit echt stressig und das Familienleben muss auch einen höheren Stellenwert haben (als es bislang tat). Da bleiben nicht mehr so viele mentale Ressourcen übrig. Und schließlich kommt dann noch das Alter dazu - wo ich merke, dass ich mir Dinge einfach nicht mehr so gut merke.

Und tatsächlich sehe ich mich auch nicht als besonders guten Spielleiter. Ich glaube (hoffe), dass diejenigen, die mit mir spielen einigermaßen Spaß haben. Das kann ich aber letztlich nicht sicher beurteilen. Ich frage häufig nach Feedback und bitte immer darum, anzusprechen, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Bislang war nichts Gravierendes dabei. Das ist für mich auch keine Frage eines guten Spielleitungsstils sondern schlicht des anständigen™ Umgangs miteinander. Daher denke ich nicht, dass ich selbst da unter einer Hybris "leide". Ich mache meine Sache denke ich okay-ish. Und das genügt mir. Ich hab ne Weile versucht mit viel Aufwand mehr zu leisten, aber dann wurde Hobby zu Arbeit. Und das war überhaupt nicht gut.

Und was diejenigen Leute , bei denen ich bislang spielen durfte angeht, so habe ich zum Glück auch keine Hybris-Erfahrungen gemacht. Es gab SLs, die mir nicht lagen, aber das war eine Frage des Geschmacks. Wer bin ich schließlich, andere Spielleitungen zu bewerten?

Hier im Forum habe ich allerdings manchmal schon den Eindruck, dass da ... äh... manchmal vergessen wird, dass letztlich jeder von uns nur mit Wasser kocht.

Soweit mein Britisches Porto.
« Letzte Änderung: 3.11.2025 | 18:17 von HEXer »
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Offline tartex

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #8 am: 3.11.2025 | 18:40 »
Meine Empfehlung an alle Spielleiter: Auch mal spielen! Das verschafft eine gewisse Erdung.

Das ist echt ein extrem guter Tipp!

Auch nach fast 4 Jahrzehnten Spielleiten kriege ich es nicht gebacken wie sehr sich meine Wahrnehmung vieler Situationen im Spiel ändert, je nachdem auf welcher Seite des Schirms ich sitzt, bzw. tue ich mir mit dem Perspektivenwechsel nicht so leicht.

Ich denke, dass ich auch eine gewisse Hybris habe. Aber im Endeffekt braucht man einiges an Ego um alle 2 Wochen liefern zu können, und eine Kampagne am Laufen zu halten. Okay, Pflichtgefühl gehört auch dazu. Habe einige gute Spielleiter erlebt, denen recht schnell der Enthusiasmus abhanden kam.
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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #9 am: 3.11.2025 | 18:42 »
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es durchaus solche Spielleiter gibt, die "objektiv" (heisst: viele andere Spieler sind auch der Meinung, dass der SL aus verschiedenen Gründen schlecht ist) schlecht ist. Allerdings gibt es sehr viel mehr SLs, die einfach andere Vorlieben berücksichtigen. Die würde ich persönlich nicht als schlecht bezeichnen. Wenn sie allerdings meine Bedürfnisse beim Spiel nicht irgendwie berücksichtigen oder bedienen, dann bin ich da raus. Bringt weder dem SL noch mir was dann weiter zu spielen.

Btw. "nicht regelfest" wäre für mich kein Abwertungskriterium. Er leitet. Er bestimmt die Regeln.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Offline Weltengeist

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #10 am: 3.11.2025 | 20:12 »
Naja, letztlich sind wir Rollenspieler eben auch nur Menschen. Und Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung klaffen ja bei den allermeisten Angehörigene unserer Spezies meilenweit auseinander. 90 Prozent aller Autofahrer glauben, sie würden zu den 10% der besten Autofahrer gehören. Ich übrigens auch.

Der Trick, wie man das macht? Man erklärt einfach die Art, wie man selbst <das Ding> macht, zur einzig wahren Art, <das Ding> zu machen. Ganz egal, ob <das Ding> nun Autofahren, Tanzen, Singen, Poppen oder Spielleiten ist. Damit haben automatisch alle, die die Art, wie er/sie <das Ding> macht, nicht gut finden, einfach nur keine Ahnung. Problem gelöst, Selbstbild gerettet und gleich noch in Gold gerahmt.

Aber im Ernst: Spielleiten in seiner Idealform (Regeln beherrschen, Setting draufhaben und zum Leben erwecken, Geschichten erschaffen, in hunderte Rollen schlüpfen, Zuhören ebenso können wie Rampensau sein, Konflikte moderieren, Organisation draufhaben, Überblick bewahren usw.) ist enorm komplex und facettenreich; kaum jemand kann alles davon auf Stufe 20. Entsprechend habe ich schon Spielleiter erlebt, die ich als so grottig empfand, dass ich geschworen hätte, dass es bei denen niemand länger als 1 Sitzung aushält. Und von denen sich dann rausstellte, dass sie mehrere feste Runden haben, die wöchentlich spielen. Seit Jahren. Und dann stehe ich da und frage mich: Hab ich was übersehen? Legen die anderen Wert auf ganz andere Sachen als ich? Oder sind die nur einfach schmerzfrei, solange sich ein Dummer findet, der die Bürde der Spielleitung zu tragen bereit ist?

tl;dr: Ich weiß es auch nicht. Ich versuche aber auch schon mein ganzes Leben lang vergeblich, das Rätsel Mensch zu entschlüsseln. Aber eins hab ich gelernt: Wenn jemand, der eigentlich nichts drauf hat, trotzdem total von sich selbst überzeugt ist, kann er ziemlich weit damit kommen. Und zwar nicht nur beim Spielleiten.
« Letzte Änderung: 3.11.2025 | 20:23 von Weltengeist »
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Offline First Orko

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #11 am: 3.11.2025 | 20:17 »
Hier im Forum habe ich allerdings manchmal schon den Eindruck, dass da ... äh... manchmal vergessen wird, dass letztlich jeder von uns nur mit Wasser kocht.

 :d Zitat, um das nochmal hervorzuheben, obwohl ich den Rest von dir Geschriebenes genauso unterstreichen kenn! Wenn sich diese Erkenntnis durchsetzen würde, wäre das Forum zwar um manche Diskussion ärmer -aber es wären möglicherweise keine Diskussionen, um die es arg zu schade wäre...
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Offline Sashael

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #12 am: 3.11.2025 | 20:24 »
Naja, wenn jemand der Meinung ist, er sei der geilste SL seit der Erfindung des W6 und das auch durchaus so kundtut, und dann leitet der Mensch auf eine Weise, dass alle anwesenden Spieler abwechselnd gelangweilt, irritiert und genervt sind, dann kocht der Mann nicht mehr mit Wasser, sondern hat einen leeren Topf auf dem Herd, in dem grad die Kalkrückstände anbrennen.
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Offline 1of3

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #13 am: 3.11.2025 | 20:26 »
neben einigen Spezialisten, die man so im Internet liest ...

Das macht die Sache eben etwas schwierig. Die Horrogeschichten im Netz sind ja eben meist nur eine Seite.

Ein weiteres Problem: Wenn eine SL so massiv unterpferformt, dann spiele ich wahrscheinlich nicht noch mal mit. D.h. ich habe genau eine Sitzung als Datenpunkt. Kann ich mir sicher sein, dass die Person regelmäßig so schrecklich tut? Begehe ich gerade den zentralen Attributionsfehler?

Aber ich muss halt nicht wieder mitspielen. Ich kann sogar während einer Sitzung gehen. (Deshalb ist es anders herum so günstig explizit Open-Door-Policy anzukündigen.) Oder ich kann mich schon zur ersten Sitzung wieder abmelden, wenn die Spielvorbereitungen nicht behagen.

Strategie also ganz klar: Warum sollte ich mitspielen, wenn es sich schon so schlecht angefühlt hat?

Btw. "nicht regelfest" wäre für mich kein Abwertungskriterium. Er leitet. Er bestimmt die Regeln.

Muss ich? Kann das nicht jemand anders machen?

Offline First Orko

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #14 am: 3.11.2025 | 20:44 »
Naja, wenn jemand der Meinung ist, er sei der geilste SL seit der Erfindung des W6 und das auch durchaus so kundtut

WENN - er es so gesagt hat.
WENN - das, was er gesagt hat auch das war, was er meinte
WENN - das, was meinte, auch so verstanden wurde
WENN - das, was verstanden wurde auch so rübergebracht wurde, wie es verstanden wurde
WENN - das was so rübergebracht wurde, hier auch so verstanden wird wie.. es ursprünglich mal gemeint war.

Wir sind rein kommunkatorisch schon so weit vom Ursprung weg, da traue ich mich gar nicht mal, irgendeine Beurteilung abzugeben... obwohl der Drang stark ist! Aber da schau ich jetzt einfach mal auf mich selbst und gucke, ob es da nicht auch eine Hybris gibt in Bezug auf Aussage online über Leute offline  :think: 8]  :-X
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Offline DonJohnny

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #15 am: 3.11.2025 | 21:14 »
Grundsätzlich würde ich mal sagen, dass (so gut wie) alle schlechten SL sich überschätzen. Wäre ihnen klar, dass sie schlechte SLs sind, würden wahrscheinlich nur die wenigsten damit langfristig weitermachen.

Und wenn sich jemand selbst für eine richtig geile SL hält, dann ist entsprechend Dunning-Kruger schon mal vorsicht geboten. Und auch wenn er das kommuniziert und wie er es tut. Ich kenne SLs die wirklich unglaublich gut sind. Ich hab jetzt auch ein paar Jahre auf dem Buckel aber wenn ich, sehe wie die Spielleiten denke ich mir, wow, die zwei Ligen über mir. Mindestens. Würde man diese Leute aber fragen ob sie richtig geile SLs sind, würden sie wahrscheinlich antworten: "Ich hab ein bisschen Erfahrung angesammlt und kenne ein, zwei gute Tricks die wirklich hilfreich sind." oder einer von denen würde schnell das Thema wechseln.
SL: "Und damit wäre die Theorie, dass wir an einem Samstagabend weniger albern sind als an einem Freitagabend, widerlegt."
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Offline klatschi

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #16 am: 3.11.2025 | 21:48 »
Spannendes Thema, da hat sicherlich jeder seine schlimmen Erfahrungen gemacht. Einen Spielleiter, ähnlich wie du ihn beschreibst, hatte ich auch einmal und habe da erst richtig gemerkt, wie sehr ich auch als Spieler angefressen war, so dass ich - leider - auch ein wenig aus seiner Sicht zu einem Problemspieler wurde. Als ich das gemerkt habe, habe ich das Gespräch gesucht (er hatte nur spielimmanent die "Daumenschrauben" angezogen) und wir konnten keinen grünen Zweig finden, nur eher so eine Zwischenlösung. Nach drei weiteren Sessions haben wir es bleiben lassen.

Hier sehe ich es auch wie ghoul: Hier und da selbst spielen, das ist ein sehr guter Rat!

Das Thema "Hybris" in unserem Hobby (und nicht nur dort) treibt mich schon länger um und ich möchte das gar nicht nur an diesem, oben stehenden Beispiel diskutieren.
Vielmehr bin ich gespannt auf Eure Erlebnisse und Erfahrungen.
Und vor Allem, wie ihr mit solchen Kalibern umgeht.
Und: darf man seine Freunde/Kumpel/Bekannten so hart kritisieren und mit ihnen so hart ins Gericht gehen?

Ich finde, man sollte seine Freunde/Kumpel/Bekannten und auch seine GMs, mit denen man nicht eng ist, immer fair und faktenbelegt kritisieren dürfen, solange man sachlich bleibt. Man muss es aber auch aushalten, wenn sie sich nicht anpassen wollen. Dann kann man aber auch einfach mit anderen Menschen spielen.

Und ich denke, bei mir liegt da tatsächlich eine gewisse Hybris vor.
Ich leite wie ich leite und spiele, was ich anbiete. Ich nehme Feedback und Wünsche von meinen Spieler*innen auf und an und passe da gerne das eine oder andere an, lerne dazu und werde kommunikativ besser, so dass es für die Gruppe passt. Ich beteilige sie an der Ausgestaltung der Welt (aber das letzte Wort habe ich) und frage NoGos ab. Aber: Ich werbe mit einem Kampagnenkonzept bei Freunden und wenn man mitspielt, weiß man bei mir in etwa, worauf man sich einlässt. Wer das nicht will, kann auch gerne gehen.
Beispiel 1: Dolmenwood. Die Kampagne ist eh schon weird und manchmal goofy, weil Dolmenwood halt manchmal so ist. Die Gruppe spielt das auch light-hearted. Ich habe den Purpurplaneten eingebaut, das ist dann schon nochmal eine Schippe weird mehr. Wenn das nicht gefällt, ist es okay: Spiel was anders mit jemand anderem, ich werde das nicht ändern, nur weil es ein paar Teilnehmenden nicht gefällt, auch wenn der Ton manche Stereotype der 70er und 80er aufgreift. Es ist mir schon ein bisschen wurst, ob es für manche zu viel ist. Dann spielen wir halt irgendwann was anderes zusammen.
Beispiel 2: Meine Against the Darkmaster Kampagne. Es war kommuniziert dass es in die Richtung Herr der Ringe meets Dark Fantasy mit Points of Light geht, es ist eine offene Welt, die auch mit den Spielenden entwickelt wurde. Habe ihre Ideen eingearbeitet und so eingewoben, dass es zu meinen Grundpfeilern passt. Das grundlegende Kampagnenkonzept wird aber nicht geändert und es gab Passagen, die manchen Spielenden nicht gefallen haben, man hat darüber gesprochen, dann sind wir eben ein Spieler weniger - und ich kann wunderbar mit derselben Person ein Bierchen trinken gehen.

Wenn es keinem gefällt, dann spiele ich das mit anderen Leuten weiter oder mach was Neues. Da ich mehr Zeit in Vorbereitung, Planung, Organisation, etc. stecke und auch mehr Geld investiere (auch wenn ich meine Spieler an Kosten beteilige), sehe ich persönlich das als vollkommen legitim an. Ich hatte schon Spieler, die mich gefragt haben, ob ich nicht xyz leiten wolle. Nein, mach ich nicht, wenn es nicht eh etwas ist, was ich auf dem Schirm habe. Ich leite, was mir in den Sinn kommt. Für sowas würde ich bezahlt werden müssen, aber da ich für mein Hobby nicht bezahlt werden will, weil es dann kein Hobby mehr ist, mache ich das nicht.

Man kann also sehr überspitzt formulieren: "Friss, oder Stirb." Ganz so krass ist es nicht, aber es hat Züge davon. Und da kann man natürlich auch Hybris sehen.



Ich halte mich aber tatsächlich nicht für einen besonders tollen GM, denke aber, dass ich zumindest gut genug bin, dass alle wiederholt Spaß am Tisch haben können.
Ich stecke schon eher gut Zeit in die Vorbereitung, da bin ich eigentlich sehr konsequent, ich würde mal schätzen 1 Stunde Vorbereitung gehen in 2-3 Stunden Spiel auf. Da gehören Karten dazu, Notizen zu NPCs, etc. Ich versuche mich an der Lazy DM Methode, die mir dann noch genügend Raum für Improvisation lässt, aber nach einem "Handlungsabschnitt" brauche ich eigentlich immer 1-3 Abende, um den kommenden vorzubereiten.
Ich bin bei den Regeln grundlegend firm, vergesse oft Details, lasse mich aber von Spielenden immer gerne eines besseren belehren.
Stimmen kann ich kaum, probiere es aber immer wieder. Am Ende kommen glaub ich immer dieselben 4 Stimmen raus. Ich bin zu faul, daran was zu ändern.
« Letzte Änderung: 3.11.2025 | 21:50 von klatschi »

Offline Skaeg

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #17 am: 3.11.2025 | 22:07 »
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Offline schneeland

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #18 am: 3.11.2025 | 23:00 »
"Für mich ein klassischer Dunning Kruger."


Ich erinnere an dieser Stelle nochmal an das Gebot des wohlwollenden Lesens und die Aufforderung zur konstruktiven Diskussion. Kann man einen Hinweis unterbringen, dass der Dunning-Kruger-Effekt wissenschaftlich umstritten ist? Na klar. Aber das kann man auch mit einem freundlichen Nebensatz tun. Sich an dem Begriff aufzuhängen, nur einen Comic zu posten und ansonsten keinerlei Bezug zum Thema herzustellen, ist dem konstruktiven Austausch wenig zuträglich. Also bitte unterlassen.
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Offline Galatea

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #19 am: 3.11.2025 | 23:24 »
Btw. "nicht regelfest" wäre für mich kein Abwertungskriterium. Er leitet. Er bestimmt die Regeln.
Naja, "regelfest" ist jetzt kein Schwarz-Weiß.

Ich würde schon erwarten, dass die SL, sofern man mit einem Regelsystem spielt (es gibt ja auch die quasi-regellosen "wirf mal einen W6 und wir schauen weiter"-Erzählrunden), zumindest die Grundlagen und das "Tagesgeschäft" halbwegs drauf hat (außer wenn das System zum ersten Mal verwendet wird).
Das ist ja auch wichtig für diverse Entscheidungen (welches Monster kann ich der Gruppe vorstzen ohne einen Instant-TPK zu verursachen, welche Herausforderung ist prinzipiell machbar).

Dass eine SL z.B. nicht weiß, was die Swashbuckler-Prestigeklasse aus Supplement XY kann oder welche Synergie-Effekte man bei Artefaktbasteln in DSA beachten muss, ist dagegen was ganz anderes. Solches Nerd-Detailwissen braucht man in der Regel wirklich nicht und falls nötig kann man es sich im Zweifelsfall auch von den Spielern erklären lassen und ggf. selbst nachlesen.
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Offline Luxferre

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Re: Spielleiter-Hybris
« Antwort #20 am: Gestern um 12:03 »
Ich mache hier mal zu.
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