Autor Thema: Der Rollenspieler-Konjunktiv  (Gelesen 484 mal)

Thandbar, WulfBorzagh und 3 Gäste betrachten dieses Thema.

Offline Feuersänger

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Der Rollenspieler-Konjunktiv
« am: Gestern um 22:10 »
In meiner aktuellen Runde habe ich einen komischen Manierismus festgestellt, den ich bei meinen früheren Gruppen zumindest nicht in dem Ausmaß bemerkt habe:
Diese Spieler sagen die Handlungen ihrer Charaktere fast immer im Konjunktiv an.

Also nicht "Ich gehe mal zur Tür" sondern "Ich würde mal zur Tür gehen". Oder wahlweise in 3. Person, "Heinz-Achmed würde mal zur Tür gehen". Ich habe so den Verdacht, das ist primär eine Marotte eines bestimmten Mitspielers, und ein anderer (Anfänger) hat es ihm abgeschaut, und ein Dritter (kein Anfänger) hat sich damit anstecken lassen.
Anfangs habe ich mich selber davon sogar auch noch anstecken lassen und unbewusst genauso gespielt, bis es mir eben aufgefallen ist, und seitdem versuche ich bewusst dies zu vermeiden und einfach im Indikativ zu formulieren.

Ich mein, ich würde ja verstehen wenn man ungewisse Versuche so kennzeichnet, also statt "Ich versuche die Mauer hochzuklettern" eben "ich würde ihm eine runterhauen [wenn ich es denn schaffe]", aber in den meisten Fällen geht es ja gar nicht um solche Unwägbarkeiten, sondern simple Ansagen die an der Stelle nichts mit Proben zu tun haben, etwa "ich würde mal um die Ecke gucken".
Das klingt halt irgendwie so nach hedging, um sich abzusichern wenn der SL sagt "als du da hingehst macht es Klick und du löst eine Falle aus", dass man sagen kann "Ja moment, ich sagte ich WÜRDE, nicht dass ich es tue" -- allerdings hat das nie einer der Spieler abgezogen und ich glaube auch nicht, dass das die Absicht ist.

Wie ist da eure Erfahrung? Kennt ihr den "Rollenspieler-Konjunktiv"? Nervt er euch auch so wie mich? Warum machen manche Spieler das?
Der :T:-Sprachführer: Rollenspieler-Jargon

Zitat von: ErikErikson
Thor lootet nicht.

"I blame WotC for brainwashing us into thinking that +2 damage per attack is acceptable for a fighter, while wizards can get away with stopping time and gating in solars."

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Offline Horsinand

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #1 am: Gestern um 22:24 »
Ja, das kenne ich von früher. Ich glaube, es ging den Spielern dann immer darum, ihre geplante Aktion den Mitspielern vorzuschlagen. Allerdings habe ich das eher nicht im Kampf beobachtet, sondern eher bei Heimlichtuereien ;-)

Online ghoul

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #2 am: Gestern um 22:31 »
Kenne ich aus dem Kindergartenalter, mit Playmobil oder He-Man-Figur: "Ich tät ihn angreifen".
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PESA hilft!
PESA diskutiert.
Desweiteren: Alle deine Probleme wurden bereits in AD&D 1e gelöst.

Online Quaint

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #3 am: Gestern um 22:44 »
Kenn ich so nicht von meinen Mitspielern und mir.
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Offline Torsten (Donnerhaus)

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #4 am: Gestern um 23:04 »
Wie ist da eure Erfahrung? Kennt ihr den "Rollenspieler-Konjunktiv"? Nervt er euch auch so wie mich? Warum machen manche Spieler das?

Ich habe darüber vor langer Zeit mal einen Blogartikel geschrieben.

In meiner persönlichen Erfahrung geht das ganze Konjunktiv-Gedruckse oft mit Unsicherheit einher. Das kann persönliche Unsicherheit sein, aber auch konditionierte. Die meisten Leute mit der Konjunktiv-Seuche kamen aus Gruppen mit autokratischer Spielleitung, wo nie irgendwas so lief, wie die Spieler sich das gedacht hatten, so das die Unsicherheit vorzuformulieren zur Norm wurde. Das vermeidet dann ja auch Enttäuschungen, wenn man sich eh auf nichts einstellt. Aber ich habe es auch schon oft bei Spielern erlebt, die völlig unvorbelastet ins Rollenspielhobby kamen. Die wussten oft dann aber auch nicht, wieviel Gestaltungsfreiraum sie tatsächlich hatten. Das legte sich dann meistens mit der Zeit.

Offline Eismann

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #5 am: Gestern um 23:35 »
Ja, hab ich ab und an erlebt. Ich habs da mit "ok, und was tust du tatsächlich?" gehalten. Aber keine Ahnung, ob das wirklich hilft.

Offline korknadel

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #6 am: Heute um 08:50 »
Kenne ich aus dem Kindergartenalter, mit Playmobil oder He-Man-Figur: "Ich tät ihn angreifen".

Genau das. Ich glaube, da wirken in der Runde, in der so oft der Konjunktiv vorkommt, unterbewusst noch diese kindlichen Sprachregelungen. Wir haben als Kinder auch immer im Konjunktiv gesprochen, weil wir waren ja nicht selbst Winnetou und Old Shatterhand, aber als Winnetou und Old Shatterhand hätten wir dies und jenes eben getan, und entsprechend waren die Ansagen beim Spielen solcher kindlicher Vorformen des Rollenspiels. Ich vermute sehr stark, dass dieser Mechanismus hier greift und dass der Konjunktiv keine Absicherung sein soll.

Oder die Spielenden sind mit Schwäbisch aufgewachsen, da wird ja auch oft der Konjunktiv statt des Indikativs benutzt. 
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Offline Luxferre

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #7 am: Heute um 09:02 »
Also ICH war Old Shatterhand und habe nicht im Konjunktiv gesprochen.
Gibt es in unserer Runde glücklicherweise auch nicht.

Die Entwicklung könnte man ggfs gesellschaftlich analysieren. Polykrise, Abschwung, Unsicherheiten, Ängste … vielleicht sind wir gerade ein einer konjunktiven Zeit?
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Offline HEXer

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #8 am: Heute um 10:20 »
Möglicherweise wollen sie den Mitspielenden eine Möglichkeit geben, ihre Meinung zu sagen, bevor ein Faktum geschaffen wird?


Oder: Die reden einfach nur ungewöhnlich.

A propos: I see what you did there! ;D


Ich mein, ich würde ja verstehen wenn man ungewisse Versuche so kennzeichnet
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Offline Luxferre

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #9 am: Heute um 10:23 »
A propos: I see what you did there! ;D

Ja, ich war auch ob des Bruches im beginnenden Konjunktiv irritiert  ~;D
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Offline Megavolt

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #10 am: Heute um 10:51 »
Im sanften Franken ist der schonende Konjunktiv auch im normalen Gespräch ganz üblich.

Wenn DCC gespielt wird, untersage ich den Spielern den Irrealis aktiv, und halte dazu an, stattdessen im Realis mit mir zu sprechen (kein Scherz), weil ich ja klar entscheiden muss, wer wann explodiert.

Offline Grey

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #11 am: Heute um 10:54 »
:think: Kann ich soweit nicht bestätigen. Unsere Runden haben eigentlich immer im heroisch entschlossenen Indikativ stattgefunden.
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
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Offline KWÜTEG GRÄÜWÖLF

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #12 am: Heute um 10:57 »
:think: Kann ich soweit nicht bestätigen. Unsere Runden haben eigentlich immer im heroisch entschlossenen Indikativ stattgefunden.

Ist auch mein M.O. Aber ich habe schon beobachtet, dass in manchen Situationen der ruckartige Übergang vom Konjunktiv zum exklamatorischen Indikativ ("Ich greif jetzt den verfickten Drachen an, HimmelherrgottDONNERWETTERNOCHMAL!") von Spielerseite ein schönes dramatisches Element war, da hat der behutsame Situationsaufbau durch vorheriges konjunktivisches Rumeiern diesen Klimax erst möglich gemacht.  ;D
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Offline Luxferre

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #13 am: Heute um 11:01 »
Gedanke: "Ich würde jetzt den Drachen angreifen ... wenn die Würfel glücklich fallen."
Vielleicht (!) (  ~;D  ) ist es ja auch eine abwartende Haltung dem Glücksfaktor gegenüber?
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Offline Edgar Allan Poe

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #14 am: Heute um 12:55 »
Ich kenne das tatsächlich und habs durchaus schon häufiger in Runden erlebt. Vor allem in Situationen, in denen die Spieler unsicher waren, was genau sie tun sollen. Ich hab das bestimmt auch selbst schon gemacht.

Ich ignoriere das einfach und mache so weiter, wie üblich. Mich stört das nicht sonderlich. Wenn es den Spielern gut tut, wenn sie vieles eher im Konjunktiv aussprechen ... bitte ... sollen sie.
Den Akkusativ zu nutzen ist sexy.

Offline Luxferre

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #15 am: Heute um 14:56 »
Gedanke II: die Spielenden wollen sich, als Subordinierte, vom MEISTER! ein "Go" abholen, bevor sie handeln.
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Offline Boba Fett

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Re: Der Rollenspieler-Konjunktiv
« Antwort #16 am: Heute um 15:25 »
Meine Gedanken wären, dass
entweder die Spieler unsicher sind und deswegen eine Art verbale-Exit-Strategie fahren.
Frei nach dem Motto "Halt, ich sagte nicht, 'ich gehe durch den Raum'. Ich sagte 'Ich würde...' Tatsächlich würde ich natürlich schleichen..."
oder aber das ist umgangssprachlich Gewohnheit, dass man dem Spielleiter erst mal Aktionen ankündigt, dann vielleicht Dinge wir Proben oder Ini und dergl abwickelt und dann aus der Möglichen Handlung die Tatsächliche Aktion entsteht...
...es gab früher ja mal einige Regelsysteme, die darauf bestanden, dass man erst ankündigt und dann abwickelt.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!