@Marcazm: Du gehst davon aus, dass "Schönheit" zu Charisma gehören würde, was ich zum einen nicht so sehe, was jedoch bei SW so gesehen wird. Utubungu, Sohn des Häuptlings und mit Teller in der Unterlippe irrsinnig attraktiv, hätte bei SW Charisma +4 wegen adlig und attraktiv... ...aber spielt das derartig stark eine Rolle, wenn er mit Kolonialherren verhandelt? Oder andersrum: Lord Calahan versucht "die Wilden" davon zu überzeugen, ihn zu verschonen... ...bringt ihm da seine Herkunft was?
Das kommt drauf an.
Zum einen sind solche Eigenschaften (schön, adlig) durchaus Komponenten, die bei anderen einen Eindruck hinterlassen, und damit natürlich auch im Zwischenmenschlichen Einfluß nehmen.
Zum anderen prägen diese Eigenschaften auch das eigene Verhalten, so dass der mit adliger Herkunft beispielsweise wesentlich selbstbewusster auftritt, als wäre er von niedrigen Stand.
Und der Kolonialherr wird mit dem Sohn des Häuptlings durchaus anders umgehen, als mit irgendeinem Stammesmitglied. Und wenn dieser dann auch noch von 'makelloser Erscheinung' ist, wird das auch Eindruck hinterlassen.
Die Tellerlippe auf die Du ansprichst ist möglicherweise ein Makel im Zwischenmenschlichen mit anderen Kulturen. Dann sollte sie aber auch als (minor) Hindrace zählen. Wenn nicht, nun dann sind die kulturellen Unterschiede eben nicht so bedeutend, dass dies eine Beeinträchtigung im Miteinander darstellt.
Was Du keinesfalls vergessen solltest, ist, dass die Edges und Hindraces im Regelwerk Vorlagen sind, die von den settingspezifischen Umständen noch Berücksichtigungen erfahren müssen. Die SW-Settings machen das auch vor.
So könnten Edges unter bestimmten Situationen in ihren Auswirkungen vermindert sein, oder sogar wirkungslos werden.
Manche Edges wird es in bestimmten Settings gar nicht geben (zB "Adel" in einer Gesellschaft ohne Standesunterschiede).
Ich würde da zwar sehr vorsichtig sein, um die Edges nicht zu entwerten, aber wenn Du so krasse Unterschiede wie Lord Calahan und Utubungu in einem Setting nebeneinander stellst, sollten die settingspezifischen Ausprägungen der SW Regeln das auch berücksichtigen.
Adelig beispielweise hat neben dem +2 Charisma den Vorteil, dass die Person auch automatisch reich ist. Da wäre es durchaus keine schwere Abwertung, wenn sehr eingeschränkte Personenkreise (zB Aborigine) sich von dem Auftreten und dem Titel selbst nicht beeindrucken lassen. Immerhin ist der Charakter dann immer noch reich und die meisten Charaktere beeinflusst es immer noch.
Vergiß nicht, dass das Savage Worlds als Baukastensystem arbeitet und die meisten Komponenten als "Angebot" versteht.
Bei der Nutzung des Angebotes ist der GMV immer noch ein notwendiges Übel...
Noch ein Wort zu Charisma als Dumpstat:
Hier steht mehrfach, dass Charisma zwar im Kampf nichts bewirkt, aber bei den zwischenmenschlichen Proben als Bonus sehr hilfreich ist.
Stimmt...!
Aber... es hat sich in sehr vielen Runden so eingebürgert, dass in zwischenmenschlichen Situationen eben nicht schlicht gewürfelt wird, sondern dass man das Ganze ausspielt und vieles "aus dem Bauch heraus" entscheidet. Ist ja auch logisch, schließlich heisst das Ganze Rollenspiel und man will seine Rolle ja auch verkörpern. Und genau das sorgt dafür, dass Charisma als Attributswert zum Dumpstat wird. Denn der wird dann nicht berücksichtigt.
Ja, ich weiß, in guten Rollenspielrunden, wird ein entsprechend guter oder schlechter Wert durchaus in die Interaktion mit einbezogen. Dies geschieht meistens aber nur sehr oberflächlich und wird auch so oft genug vergessen oder ignoriert. Oder eben IMMER berücksichtigt, so dass der uncharismatische gar keine Chance hat, auch wenn er beim Würfeln hin und wieder durchaus Erfolg hat.
Ich behaupte aber immer noch, dass er in den meisten Runden schnell beiseite gelassen wird. Anfangs spielt man es vielleicht noch übertrieben aus, aber irgendwann ist das Thema durch.
Mit den Vorteilen und Nachteilen wird man aber eher darauf hingewiesen, dass da etwas zu berücksichtigen ist. "Sag mal, warst Du nicht 'abgrundtief häßlich' ? Und da willst Du jetzt...?" Oder "Hey Spielleiter, macht mein Titel den gar keinen Eindruck bei den Damen?"
Ein Charismawert ist schlicht ein Charismawert. Der steht irgendwo. Häßlich ist aber ein Prädikat, dass im Kopf hängen bleibt.