Autor Thema: [Bericht zu] einem Schnupperspiel mit Neulingen mit einem unfertigem System  (Gelesen 191 mal)

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Online Zed

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Ich arbeite ja seit längerem an einem System. Es hakt aktuell und schon seit Jahren am aktiven Probespielen. Nur aktives Spielen kann dem System bestimmte Zähne ziehen, auf denen ich schon so lange "nur" herum gedacht habe. Meine Hauptgruppe will an den wenigen Spieltagen, die wir haben, unsere 3.5-Kampagne zuende bringen, die kann nicht helfen. Also eine Zweitgruppe? Allein es fehlt mir frei verfügbare Zeit.

Doch jetzt hat sich an meinem Arbeitsplatz eine Gelegenheit aufgetan. Wir haben aktuell sechs junge Mitarbeitende zwischen 19 und 22 Jahren, die noch nie gespielt haben. Also habe ich ihnen angeboten, eine Schnupperrunde zu leiten. Sie haben Interesse. Wir könnten ab und an mal nach der Arbeit bleiben und gemeinsam spielen.

Der Gewissenskonflikt
Einsteigende sollten die bestmögliche Rollenspiel-Xperience erleben. Dafür wäre ein unfertiges System sicher der denkbar schlechteste Start. Das Mini-D20 von Seba wäre in meinen Augen eigentlich genau richtig. Aber kann ich diese Gelegenheit, Probespielerfahrung mit meinem unfertigen D20 (das PF2-Niveau an Komplexität hat, schätze ich) zu sammeln, wirklich vorbeiziehen lassen, eine Gelegenheit, auf die ich seit Jahren warte??

Ich werde einen Fehler machen - und ihn zugleich mit aller Kraft niederkämpfen
Würde mich jemand um Rat in dem Gewissenskonflikt fragen, würde ich wahrscheinlich abraten, das komplexe, unfertige System zum Schnupperspielen zu benutzen.

Nennt es Hybris: Ich will es doch versuchen!

Dafür nehme ich mir vor, dass ich die Spielenden vorerst nur homöopathisch mit den Regeln belästige: Sie sagen, was sie machen möchten, und ich regele es entweder nach meinem System aus dem Kopf, oder ich schlage die Regeln nach, oder - wenn das zu lange dauert - handwedele ich um des Tempos Willen im Geiste der Regeln. Ich will vorerst die Brandmauer zwischen den Spielenden und den Regeln sein. Wahrscheinlich gebe ich ihnen vorerst nicht einmal die fertigen Charakterbögen!

Ich lass es mal auf uns zukommen, und ich kann ja noch immer umsteuern, wenn mir mein Spagat in der ersten Session nicht gelingt. Und wenn jemand mehr von den Regeln wissen will, dann kann ich sie ja zu lesen geben.

Mehrseitiges Charakterkonzept anstatt mehrseitigem Charakterbogen
Ich habe ein Dokument erstellt, das ich allen zugemailt habe, das ihre Phantasie anregen soll, dass sie befähigen soll, einen Charakter zu erstellen und in dem ich sie so weit es geht "vor den Regeln schützen" möchte. Ziel ist, dass sie grundlegende Charakterentscheidungen treffen sollen, ohne mit allzuvielen Zahlen und Regeln belästigt werden. Eine Figurenbiographie am Ende der Ausarbeitung des Charakterkonzepts wäre schön. Wer ihn sich anschauen mag, findet ihn hier.

28 Seiten - da werden viele sagen, dass es zu lang ist. Aber dafür, was das Dokument leisten soll - erste Orientierungen und Interesse und etwas Bastelfreude wecken - ist die Länge richtig, würde ich sagen.

Umbenennung
Ich war mit dem Systemnamen "Beyond Time" für mein D20 (in dem ja auch Zeitreisen eine Rolle spielen), sehr glücklich. Bis mir jemand sagte, dass, sollte ich es je veröffentlichen, es vielleicht kollidieren könnte mit "DnDBeyond", dem offiziellen Online-Regel-Angebot von WotC/Hasbro. Das mir das nicht vorher aufgefallen war! Also weiter überlegt. So bin ich jetzt bei "Across Time" gelandet.

Deutsche Regelbeschreibungen in gendergerechter Sprache
Während "Across Time" auf Englisch geschrieben wird, habe ich für das Probespiel das Charakterkonzept-Dokument auf Deutsch verfasst, um es den Einsteigenden so leicht wie möglich zu machen. Dafür habe ich die KI sowohl die entscheidenden Regelpassagen raussuchen als auch übersetzen lassen. (Bei diesen Aufgaben war im Übrigen Claude.ai mit Abstand das beste Tool!) Aber das mit gendergerechter Umformulierung bekam die AI nicht hin.

Mein Ziel war also, das Dokument gendergerecht zu schreiben, aber bei voller Lesbarkeit, ohne ":" und "*". Oha, wie heftig ist das, deutsche Regeltexte zu verfassen! Ich habe mindestens ebensolange am Inhalt gearbeitet wie an der lesbarern, gendergerechten Sprache. Ich musste mir viele Umformulierungen gestatten, wie zB, dass die Klasse "Krieger" jetzt "Weg der Waffen" heißt (danke First Orko!). Aus der Kraft "Draufgänger" (Power Swashbuckler) wurde der "Waghals", und ich habe definiert, dass "Elfen" die "Elb:innen" ersetzen kann und die "Zentauer" "Zentaur:innen" entsprechen. "Zwerge" sind ein großes Problem, wenn man "Zwerg:innen" vermeiden möchte, und richtig glücklich bin ich hier mit meiner Lösung nicht.

Aber insgesamt denke ich, dass ich es hinbekommen habe: Gendergerechte Sprache ohne "*" oder ":" , aber in lesbar.

Ich halte Interessierte hier auf dem laufenden, wie es aufgeht, wo ich nachjustieren muss oder ob es scheitert.

Online Zed

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Erstes, hoffungsvolles Update:

Gestern hatte ich das Dokument herumgeschickt, und heute erzählt mir eine Spielerin von einer ersten Idee für ihre Figur:

Zitat
Ein Lehmgolem, vor 250 Jahren von den zwergischen Unterstadt-Bewohnen gekauft, um vor dem Eingang zu ihrer Metropole Wache zu halten. Der Golem hat die zwergische Stadt nie betreten, sondern immer davor Wache gestanden. Laut Lore im Dokument haben alle Anhörigen der zwergischen Völker ihre unterirdischen Städte vor 200 Jahren verlassen - die Gründe sind unbekannt. Der Golem sah also, wie die Zwerge in ihrem Exodus durch den Eingang/Ausgang zogen, der letzte Zwerg schweißte das Tor magisch zu, und sie nahmen ihn nicht mit, sondern entließen den Golem aus ihren Diensten. Seitdem ist er auf der Suche nach einer neuen Aufgabe.

Durch zwergische Erziehung ist er Experte im Kampf mit dem Urgrosh*.

*Hat sie nachgegoogelt.

Aktuell überlegt sie, wie der Lehmgolem, der sich selbst ja regelmäßig mit Kieseln/Schluff/Lehm/zur Not: Erde auffüllt, aussieht. "Das hängt ja auch davon ab, welche Ressourcen die Gegend bietet, in der er gerade ist."

So muss es sein! Hoffentlich machen es die anderen genauso stimmig und phantasievoll.

Offline Quaint

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Online klatschi

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Sehr schön dass sich da jemand hat inspirieren lassen :)


Offline flaschengeist

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Doch jetzt hat sich an meinem Arbeitsplatz eine Gelegenheit aufgetan. Wir haben aktuell sechs junge Mitarbeitende zwischen 19 und 22 Jahren, die noch nie gespielt haben. Also habe ich ihnen angeboten, eine Schnupperrunde zu leiten. Sie haben Interesse. Wir könnten ab und an mal nach der Arbeit bleiben und gemeinsam spielen.

:d Ich freue mich, dass du die Gelegenheit am Schopfe gepackt hast.


Nennt es Hybris: Ich will es doch versuchen!

Ich nenne es Selbstfürsorge ;).
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittel-crunchiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/download

Online Der Hasgar

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Das mit der Spielerin klingt wunderbar. Ich wünsche Dir, dass Du dort einige RPG-Begeisterte aufbaust.

Es ist jedesmal eine Freude, neuen Leuten beim Entdecken zuschauen zu dürfen 😊
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