Autor Thema: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor  (Gelesen 763 mal)

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Offline Namo

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[MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« am: 2.04.2025 | 14:57 »
So, ich habe ja hier https://www.tanelorn.net/index.php/topic,127474.msg135204572.html#msg135204572 vor etwas mehr als einem Jahr mit einem Werkstattthread begonnen.

Während der andere Thread eher dazu dient, meine Gedanken, Ideen und Hürden mit der praktischen Umsetzung auszuführen, möchte ich hier in Zukunft klassische Spielberichte führen die sich rein auf die Handlung der Abenteuer beziehen. Dadurch haben diejenigen, die sich für die Handlung interessieren eher einen Einblick, was wir da überhaupt gespielt haben und worum es im Detail geht. Wir haben also klassisch den Film auf der einen und das Making of auf der anderen Seite. Hier wird man vielleicht auch mit der Zeit schön die Entwicklung sehen können. Ich bin zugegebener Maßen selbst darauf gespannt, wie ich in hoffentlich ein zwei Jahren darauf zurück blicke. Und da ich Spielberichte selbst immer gerne lese, hoffe ich dadurch noch etwas zum Forum beitragen zu können. Jetzt bin ich natürlich 20 Jahre aus dem Rollenspiel und Spielleitung raus gewesen, so dass das nicht next Level wie bei manchen anderen hier ist. Aber Herzblut steckt dennoch drin. Und mit Klischees arbeite ich natürlich auch gerne, denn viele davon haben wir ja noch überhaupt nicht erlebt :)

Wir spielen ein modifiziertes MERS System unter Anwendung diverser Rolemaster 2 Regeln/Tabellen und natürlich Zauber. Dazu gesellt sich die ein oder andere Hausregel.

Natürlich muss ich hier einen dicken Disclaimer oder eher eine Warnung aussprechen. Hintergrundwelt ist zwar die gesamte Schöpfung Tolkiens, aber wir haben in unserer alten Kampagne hauptsächlich im vierten Zeitalter gespielt. Somit hatte ich zum einen mehr schöpferische Freiheiten und zum anderen als Silmarillion Liebhaber auch einmal die Möglichkeit eine Kampagne hin zur Mutter aller epischen Fantasykampagnen zu spielen. Das Ziel damals: Morgoth und dessen von Tolkien prophezeite letzte Rückkehr die am Ende in der Dagor Dagorath – die Schlacht der Schlachten – münden würde. Viel war diesbezüglich in unserer Kampagne schon in Mittelerde geschehen und da ich schon immer viele andere Einflüsse  hatte – sehr stark z.B. Michael Moorcock und sein Ansatz vieler Dimensionen und Dämonen, waren die Geschichten und Handlungen durchaus auch turbulent und extreme high Fantasy.

Aber die Erinnerungen daran sind bei uns allen verblasst und das ist der Ansatz der neuen hangover Kampagne wie ich sie für mich immer wieder gerne intern nenne. Die Spieler wissen kaum noch was wir da vor 20 Jahren gespielt haben und haben größtenteils Erinnerungsfetzen. Und diese werden immer mal aufgefüllt werden während der laufenden Kampagne. Diese ist aber letzten Endes doch eine ganz eigene Kampagne – bis zu einem gewissen Endpunkt hin. Sie wissen nicht was mit ihren alten Charakteren geschehen ist. Sie wissen nur noch, dass sie aufgeteilt waren, denn der Kämpfer der Gruppe ist letzten Endes von einem bösen Artefakt verzehrt worden und hat sich in Finsternis, einen alten mächtigen Dämonen und Diener einer bösen Göttin verwandelt. Die Gruppe war über zwei Dimensionen verteilt in der Hoffnung ihren alten Freund doch irgendwie zurück zu bringen. Und so sprechen manche Abende eben auch immer mal bewusst auf die Metaebene an und spielen mit den Erinnerungen der Spieler, befüllen diese wieder und am Ende steht immer wieder die Frage – wo soll das in Bezug auf die alte Kampagne hinführen?

Am Anfang hatten sie überhaupt kein Wissen davon, dass es eine Verbindung geben würde. Sondern zu Beginn sollte es darum gehen wieder wie früher einfaches Rollenspiel in „irgendeinem“ Setting zu spielen um zu sehen ob es uns noch Spaß macht. Also entwarf ich einen kleinen Fantasykontinent in dem wir spielen würden: Das Land Calanor (Quenya für „das Land des Lichts“).

Sie wissen über das Land, dass vor knapp 99 Jahren die Sonne für 7 Tage nicht mehr wieder aufgegangen war. Am 8. Tag erschien sie wieder am Himmel und hieraus ist die Kirche Tharons – des Sonnengottes – entstanden. 

Vor über 80 Jahren ist Amon-Ra, der letzte König des Reiches, verstorben. Da er keinen Nachfolger hatte, herrscht seither ein Reichsrat über das Land. Wobei das Land durch die einzelnen Fürstentümer immer weiter zerfällt und der Reichsrat als solches eigentlich keine weitreichenden Befugnisse mehr hat bzw. diese nicht wirklich durchsetzen kann. Die beiden mächtigsten Fürstenhäuser sind das Haus Aldarion und Vardamir. Diese stehen in einem latenten Konflikt zueinanander.

Die Menschen des Landes werden ungewöhnlich alt und haben eine Lebenserwartung von rund 160 Jahren.

Soweit in Kürze der Hintergrund. Auch den Spielern wird beim Spielen nach und nach mehr zum Hintergrund des Landes erläutert. So werde ich es auch hier in den Beiträgen halten.

Die Helden unserer Geschichte sind:

Nerestro Ta‘Uris, ein menschlicher Waldläufer dessen Familie früher dem Königshaus gedient hatte. Doch als der König immer mehr Handlungen von den Waldläufern verlangte, die gegen das Wohl der Menschen des Reiches liefen, haben sich manche hiervon losgesagt. Hierzu gehörte Ilfaris, der Vater von Nerestro und dessen großer Bruder Tokaro. Während der Vater umgebracht wurde, ist Tokaro vermisst. Und diesen vermissten Bruder sucht Nerestro schon lange. Bisher ohne Erfolg. Seither leben Nerestro und seine Mutter als Geächtete im Verborgenen.

Caryen Varantir, menschlicher Paladin des Tharons. Einziger Sohn des Fürstenhauses Varantir. Allerdings hat er sich früh in Jugendjahren von seiner Familie losgesagt, da diese aus seiner Sicht in böse Machenschaften verstrickt waren und er damit nichts zu tun haben wollte. So fand er zur Kirche Tharons und nahm dessen Lehren an. Sein aktueller Auftrag ist Priester Armadii auf seinen Reisen zu begleiten und schützen.

Andara, elbischer Magier. Die Elben sind im Land nicht gut gelitten und nur wenige wurden je von den Menschen gesehen. Sie leben gering an Zahl im Norden in einer kleinen Enklave namens Armalond. Die Menschen misstrauen den Elben und es ranken sich dunkle Gerüchte um sie. Doch verfügt Andara über seltene magische Begabung und so wurde er früh Mitglied der Magierakademie von Cymril. Hier erhielt er von seinem Meister Malfar seinen Stab dem ungewöhnliche Macht innewohnt. Denn in Calanor existiert keine Angriffsmagie wie Feuerstrahlen und ähnliches. Diese hatten die früheren Besatzer des Landes verboten um die Magier zu entkräften. Doch mit seinem Stab vermag Andara Blitzstrahlen zu beschwören. Er ist auf der Suche nach der alten Magie wie sein Meister sie nennt. Denn dieser weiß darum, dass es einst mächtige elementare Magie gab.

Allen drei Männern ist gleich, dass sie 99 Jahre alt sind. Was in unserer echten Lebensspanne etwa  40 Jahren entsprechen würde – wohlwollend gesagt fast das Alter von uns Spielern. Erfahren aber noch fähig  ;D

Hier ist auch schon fast das erste Metathema:

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« Letzte Änderung: 3.04.2025 | 08:18 von Namo »

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #1 am: 2.04.2025 | 19:04 »
Abend 1 Drei Pfeile des Schicksals

Es ist der 17. Januar im Jahr 99 nach der Finsternis (n.d.F.) und entlang der alten Weststraße Annubad, südlich des Schimmerkamms, zog sich eine kleine Karawane durch das Land. Eine bunte Gesellschaft hatte sich zusammengefunden – Händler, Reisende, Abenteurer. Caryen Varantir, ein Paladin Tharons, begleitete den Priester Armadii auf dessen Reise nach Tharven, wo das Fest der Freiheit gefeiert werden sollte. Neben ihnen reiste Andara, ein Graumagier, der das Land durchstreifte, stets auf der Suche nach Hinweisen auf die alte Magie.



Die Karawane wurde von Cameron geführt, einem erfahrenen Mann, dem man anmerkte, dass er viel gesehen hatte. Unter den weiteren Reisenden befanden sich Bardo Bardolino, ein stets plaudernder Barde, der Händler Rashid, der edlen Yuudai-Wein und kunstvolle Lampen verkaufte, sowie die Halblingfamilie Grassmück, die mit ihren Geschichten und ihrer herzlichen Art für ein wenig Wärme sorgten.



Eines Abends, als das Lager aufgeschlagen wurde, stieß ein neuer Reisender zu ihnen: Nerestro Ta' Uris, ein Waldläufer, dessen Name Cameron merklich verstimmte. Es war, als erkannte er etwas in diesem Mann, das ihm Unbehagen bereitete. Zunächst meinte er jemanden in Nerestro zu erkennen, doch als er hörte, dass er der Sohn von Ilfaris Ta’Uris war, brach er das Gespräch mit Nerestro unvermittelt und scheinbar wütend ab. Während sich Armadii und Caryen über die Möglichkeit einer Pilgerreise durch Calanor unterhielten, sorgte Bardo für fröhliche Stimmung, indem er ein Lied am Lagerfeuer anstimmte. Doch nicht alle Geräusche jener Nacht waren harmlos – Nerestro vernahm in der Ferne ein unheilvolles Heulen, das nach Hunden und weit Schlimmerem klang.



Am nächsten Morgen schlug das Unheil zu. Die Karawane wurde überfallen. Wie aus dem Nichts trafen drei vergiftete Pfeile den Priester Armadii, der leblos zu Boden sank. Caryen war hilflos und konnte nur noch das Surren der Pfeile hören, die das Leben seines Freundes und Schutzbefohlenen beendeten. Während um ihn herum die Hölle losbrach blieb für ihn die Zeit still und er kümmerte sich um Armadiis Leichnam und murmelte ein Gebet zu Tharon und versuchte zu verstehen was gerade geschehen war. Die Garxx, die offensichtlich die Schützen waren, verschwanden sofort nach ihrem tödlichen Angriff, während Goblins von zwei Seiten heranstürmten und die Karawane weiter angriffen. In der blutigen Auseinandersetzung fielen zwei Wachen, Cameron wurde verletzt, doch durch das beherzte Eingreifen von Caryen, Andara und Nerestro konnten Rashid, die Grassmücks und die anderen Reisenden gerettet werden. Caryen führte seine Klinge nach dem Tod seine Schutzbefohlenen mit göttlicher Wut, Nerestro verteidigte mutig die vorderen Wagen, und Andara – zu aller Überraschung – entfesselte aus seinem Stab einen mächtigen Blitzstrahl, der die Feinde erschütterte. Als der Kampf vorüber war, brachten Rashid und Cameron ihren tiefen Dank zum Ausdruck.



Während sich die Karawane beeilte den Schutz der Kammwacht zu erreichen, um die Überlebenden in Sicherheit zu bringen, formierte sich eine neue Gruppe. Gemeinsam mit Andara, Nerestro und Bardo nahm Caryen die Verfolgung der Garxx auf. Sie hatten nicht nur einen Überfall verübt – sie hatten ein Attentat verübt so seine feste Meinung. Und die Gefährten mussten den Drahtziehern auf die Spur kommen und die Hintergründe in Erfahrung bringen.
In den Bergen begegneten sie einem Bergtroll, der mit einer Ziege beschäftigt war und ihnen glücklicherweise keine Beachtung schenkte. Ihr Weg führte sie in ein abgelegenes Tal, in dem sie eine alte Wachfestung entdeckten – das Versteck ihrer Feinde. Es war Zeit, einen Plan zu schmieden.
Andara schlich sich mit magischer Unterstützung auf den Wachturm und ließ vier Goblins mit einem Schlafzauber und einem gezielten Pfeilstreich lautlos sterben. Die verbleibenden drei im Turm fielen unter den Klingen von Nerestro und Caryen. Die Garxx im Bergfried ahnten nichts von der drohenden Gefahr.
Eine geschickte Ablenkung lockte sie in den Hof, wo ein harter Kampf entbrannte. Nerestro wurde schwer am Arm verwundet, Andara enthüllte eine weitere furchteinflößende Facette seiner Magie – ein finsterer Zauber, der einen der Garxx in schmerzgekrümmtem Wahnsinn zurückließ. Caryen stockte bei diesem Anblick kurz und musterte den Elb den er nicht wirklich kannte mit kritischem Blick. Schließlich lagen die Gegner besiegt zu ihren Füßen, auch ihr abgerichteter Kampfhund war gefallen.

Sie wollten rasten, doch aus dem oberen Stockwerk des Bergfrieds drangen Geräusche herab. Andara und Caryen entschieden, der Sache auf den Grund zu gehen, während sich Nerestro aufgrund seiner Verletzung schonen und erholen musste. Die eingestürzte Treppe zwang sie zum Klettern, bis sie ein noch gut erhaltenes Zimmer erreichten. Dort, versteckt in einem alten Kleiderschrank fanden sie einen Mann – offensichtlich ein Garxx-Magier der mit unterwürfiger Stimme um Gnade bat.

Die Frage stellt sich: Verdiente er sie?

Metagespräch exisitiert hier nicht und war nicht notwendig. Es ging rein darum die Regeln zu lernen, erstes worldbuilding zu betreiben, die Zusammenführung der Gruppe und dem ersten gemeinsamen Rollenspielabend seit 20 Jahren. Und es ging mir natürlich darum die Ablenkung perfekt zu machen. Ich erzählte den Spielern, dass es in Calanor keine Orks gibt. Also nochmal weiter weg von Mittelerde. Dafür gibt es Garxx - mein Namen für die D&D Gnolle.

Die Eindrücke hinter dem Schirm findet ihr hier:
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,127474.msg135217945.html#msg135217945
« Letzte Änderung: 2.04.2025 | 19:13 von Namo »

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #2 am: 2.04.2025 | 20:26 »
Abend 2 Schatten über Tharven

Die Verhörung von Rasputin Adamtklaue begann in der kargen Stille der Nacht. Caryen und Andara saßen ihm gegenüber, das Flackern der Fackeln spiegelte sich in seinen dunklen Augen. Der Garxx-Magier sprach mit aufgeregter, sich aber langsam beruhigender, Stimme – eine Seltenheit unter seinesgleichen. Er hatte sich von den Garxx losgesagt, sagte er, weil er nach Antworten suchte. Antworten auf die Frage, wer ihn geschaffen hatte, was ihn zu dem gemacht hatte, was er war. Ein Magier unter den Garxx war ungewöhnlich, fast schon undenkbar. Einem Gerücht folgend möchte er zum Sturmwall, jener zerklüfteten Bergkette im Westen Calanors, wo ein Mensch von kleiner Gestalt, doch großer magischer Macht hausen sollte. Vielleicht würde er dort finden, was er suchte.



Caryen und Andara trafen eine Entscheidung. Sie ließen ihn gehen. Zum Dank übergab er ihnen einen schwarzen Opal, ein Artefakt, durch das sie ihn im Notfall kontaktieren konnten. Bevor er ging, offenbarte er ihnen noch eine erschütternde Wahrheit: Die Garxx hatten Armadii nicht zufällig angegriffen. Sie handelten auf Befehl einer dunkelblau gewandeten Gestalt, eines Menschen. Ihr Anführer, Lugark, hatte dafür eine große Summe erhalten. Lugark hofft sich bei Gugot, dem selbsternannten König der Garxx, Ansehen mit Reichtümern erkaufen zu können. Doch die Garxx und Goblins waren nur Handlanger. Die wahre Frage war: Ging es bei diesem Angriff wirklich nur um Armadii, oder steckte etwas weit Größeres dahinter? Auf diese Frage hatte auch Rasputin keine Antworten.

Am Lagerfeuer reflektierten Caryen, Andara, Bardo und Rasputin die Ereignisse der letzten Tage. Bardo, wie immer voller Enthusiasmus, sah sich bereits als Teil ihrer Schicksalsgemeinschaft. Er nannte sie die "Fantastischen Vier" – ein Name, der ihm zu gefallen schien.
Am nächsten Morgen erreichte die Gruppe die Kammwacht. Die Karawane war bereits eingetroffen, und Ordred, der Kommandant der Kammwacht, hörte besorgt zu, als sie ihm von den Ereignissen berichteten. Die Garxx und andere Kreaturen kamen der Kammwacht gefährlich nahe. Cameron, der Karawanenführer, war froh, die Gruppe wohlbehalten wiederzusehen, besonders Nerestro Ta' Uris. Was diesen erstaunte ob der kühlen Art die dieser ihm bisher zu Teil werden ließ.

Schließlich erreichten sie Tharven. Die Ankunft der Karawane war von tiefer Trauer gezeichnet. Menschen hatten sich versammelt, darunter die Priester Velus und Kharvai aus der dortigen Kirche. Der Hohepriester Behrin war nicht anwesend, da die Zeit für eine Nachricht zu knapp gewesen war. Velus, der leibliche Bruder des ermordeten Armadii, war tief getroffen, doch er wollte den Abend nutzen, um das Leben seines Bruders so zu feiern, wie es dieser nach jeder Reise getan hatte: mit einem Humpen Greifenbräu in der Greifenschenke Baldrams.
Die Feier wurde ein rauschendes Fest, untermalt von Bardos Musik. Lachen und Gesang erfüllten den tumultartigen Schankraum, während die Erinnerung an Armadii geehrt wurde. Velus übergab Caryen den Priesterring seines Bruders, ein Symbol des Vertrauens. Doch plötzlich geschah das Unfassbare. Ein Schrei durchbrach die ausgelassene Stimmung. Velus taumelte, fiel in Caryens Arme – tot. Ein schwarzer Dolch steckte zwischen seinen Rippen, die Klinge vergiftet. Panik brach aus, und erste Stimmen verdächtigten Caryen. Doch Wigarus Montari, Anführer der Nachtwache, erkannte im anschließenden Verhör, dass dies ein Irrtum war.



Bardo behauptete, den Täter gesehen zu haben. Er trug eine blaue Gewandung. Alles deutete auf die "Blaukappen" hin, wie die Diebesgilde "Farlons Augen" umgangssprachlich genannt wurden. Doch Wigarus war überrascht, denn Morde gehörten nicht zu deren Gewohnheiten.
Die Helden eilten mit einem schrecklichen Verdacht zu Priester Kharvai. War das Attentat auf Velus erst der Anfang? Denn wenn es um Attentate auf die Kirche geht, so würden auch er und Behrin nun in Gefahr schweben. Gerade rechtzeitig erreichten sie Kharvais Unterkunft und verhinderten seinen Mord. Ein Kampf gegen drei Attentäter, gekleidet wie Männer der Diebesgilde, entbrannte im Garten von Kharvais Haus. Im Hintergrund schien eine berobte Gestalt alles zu beobachten, bevor sie unauffindbar verschwand. Einer der Attentäter wurde lebend gefasst.

Behrin war erschüttert. Nun war klar, dass sich eine Verschwörung gegen die Kirche – zumindest in Tharven – entfaltete. Doch war dies nur der Anfang? Im Dialog entstehen furchtbare Vorahnungen. Denn die Kirche hat keine nennenswerten bekannten Gegner. Sie oder eher Tharon und seine Diener haben einen großen Anteil daran, dass das Land, das früher Morenore hieß, nach Jahrtausenden vom Fluch der Arakniden befreit wurde. Aber sollten von diesen etwa einzelne überlebt haben? Das würde das Land in Panik versetzen. Behrin bittet die drei sich im Geheimen der Sache anzunehmen. Würde dieser Verdacht sich bestätigen, müsste auch der Illuminierte umgehend davon informiert werden. Das wäre die schlimmste Entwicklung im Land in den letzten hundert Jahren. Selbst der Tod des Königs Amon-Ra wäre nicht so schlimm gewesen, wie das was sich hier anbahnt.



Die Befragung des gefangenen, Angbor, brachte durch Andaras Magie die Wahrheit ans Licht. Er und zwei weitere waren von einer Frau namens Ayyyara angeheuert worden. Ihr Auftrag war klar: die Priester in Tharven zu töten. Sie erfuhren auch, dass sich die Renegaten am Hafen aufhielten.
Da der Kampf um Kharvai zeigte, wie gefährlich ihre Feinde waren, suchten sie Verstärkung. Da Ayyyara hier scheinbar versuchte die Schuld auf Farlons Augen zu schieben, versuchten sie aus der Not eine Tugend zu machen und ermittelten wo diese zu finden waren. Nachdem mehrere Menschen der Stadt befragt wurden, fanden sie den entscheidenden Hinweis. In den Tiefen der Kanalisation trafen sie auf Farlon den Einäugigen. Der kleinwüchsige, hochgebildete Zyklop tobte über den Verrat innerhalb seiner "Familie". Er stellte seine rechte Hand, Zoraya, und mehrere Männer zur Verfügung. Nerestro war verwundert, im Audienzraum Farlons begann sein Ring, ein Ring der immer schon von seiner Familie getragen wurde und ihm von seiner Mutter überreicht wurde, schwach zu leuchten und warm zu werden.

Am Hafen kam es zur Konfrontation. Ayyyara, eine scheinbar menschliche Frau, entpuppte sich als tatsächlich als Araknidin. Und nicht irgendeine Araknidin, sondern offensichtlich eine Schattenweberin. Ihre menschliche Form zerfiel teilweise, während sie sich in eine ekelerregende Mischung aus Mensch und Spinne verwandelte. Ihre Angriffe waren mächtig, doch als sie ihre Unterzahl erkannte, floh sie mit den Worten, dass sie dafür sorgen würde, dass aus Calanor wieder Morenore, das dunkle Land, werden würde. Ihr Körper zerfiel dabei in unzählige Spinnen, die in jede Ritze entschwanden.



Erschöpft von den Geschehnissen des Tages wollten sich die Helden am Morgen mit Behrin beraten. Doch noch vor der Nachtruhe erhielt Nerestro einen Brief von Cameron mit der Bitte ihn zu treffen. In einer düsteren, verlassenen Gasse, steht Cameron. Als Krieger gerüstet. Nerestros Muskeln spannen sich an. Er konnte die Situation nicht einschätzen, als Cameron zu sprechen beginnt. Cameron offenbart, dass das Schwert und Schild der Königsgarde, die in der Greifenschenke als Dekoration hingen, einst ihm gehörten. Er war dabei, als Nerestros Vater Ilfaris Ta' Uris ermordet wurde – und er hatte es nicht verhindert. Sein ganzes Leben lang verfolgte ihn diese Schuld. Er lässt seine Waffe fallen und fiel vor Nerestro auf die Knie und sprach mit bebender Stimme: "Tötet mich, wenn euch beliebt. Es wäre eine angemessene Strafe für meine Taten."

Metagespräch:

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Die Eindrücke hinter dem Spielleiterschirm findet ihr hier:
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,127474.msg135226683.html#msg135226683



« Letzte Änderung: 5.04.2025 | 17:28 von Namo »

Offline torben

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #3 am: 3.04.2025 | 08:36 »
Sehr schön, dass innerweltlichen Erlebnisse am Spieltisch hier nun auch noch ihre Aufzeichnung finden  :d

Hast Du den Spielern die Bilder, die Du den Berichten angehängt hast, während der Session gezeigt (resp. da schon gehabt) oder sind die erst später entstanden?
Und hast Du die Sessions jetzt nachträglich aus dem Kopf aufgeschrieben, oder hast Du bereits während der Session mitgeschrieben, was sich - abseits der Vorbereitung - tatsächlich am Tisch zugetragen hat?

Grüsse
torben

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #4 am: 3.04.2025 | 09:24 »
Die Bilder habe ich in den Sitzungen zur Visualisierung verwendet. Gerade bei NSCs ist mir das immer relativ wichtig, damit alle ein genaues Bild von meiner Vorstellung haben. Gerade da die Bilder ohnehin später auf unserer Kanka Kampagnenseite landen. Dadurch kann ich auch vermeiden, dass die Spieler sich einen NSC anders vorstellen wie er dann plötzlich ein paar Wochen später auf der Kankaseite bildlich auftaucht. Oftmals entsteht durch die Bilder auch eine direktere Verbindung. So ist unsere Jack Black Barde direkt von Null auf Kult gegangen. Gleichzeitig hatte ich ja auch noch über Suno einen Karawanensong generiert der beim Lagerfreuer von "Bardo" vorgetragen wurde. Das hat dem NSC schon gleich etwas mehr gegeben wie wenn ich einfach nur von ihm berichtet hätte. Da das aber ja auch mein erster SL Abend seit 20 Jahren war, war ich natürlich auch auf diverse "technische" Hilfsmittel angewiesen. Was ich noch nicht gut beschreiben kann, kann ich vielleicht gut anhand von Bildern zeigen - so mein Gedanke damals. Wobei ich anfangs, wie man sieht, auch noch viel mit KI Bildern experimentiert habe. Das habe ich später nicht mehr so wirklich gemacht, da mir die Ergebnisse meistens nicht so gefallen bzw. der Aufwand bis ich ein passendes Bild habe mir relativ groß erscheint. Und irgendwie hat KI auch immer einen recht ähnlichen Look.

Aufgrund des Alters und damit nachlassenden Gedächtnisses schreibe ich am Morgen nach unserem Abend immer ein stichwortsatzartiges Logbuch zu der Handlung und besonderen Szenen des Vorabends. Das wird dann auch für alle in Kanka veröffentlicht. So halten wir in Erinnerung was war bzw. können das Wochen und Monate später auch nochmal nachlesen. Das hilft mir natürlich dabei auch einen gewisse Kontinuität zu bewahren und keine Szenenanschlussfehler zu machen. Beschneidet mich aber natürlich auch darin, später nochmal Szenen und Handlungen abzuändern. Insofern basierten die Berichte die ich gestern geschrieben habe auf den Logbucheinträgen die ich nur ausformuliert habe. Wobei ich zugeben muss, dass ich den Aufwand dazu enorm unterschätzt habe.  ;D

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #5 am: 3.04.2025 | 14:43 »
3. Abend Kristalle Teil 1

Nerestro stand Cameron stumm gegenüber. „So sprich was du zu sagen hast“ kam gepresst aus seinem Mund. „Was hast du mit dem Tod meines Vaters zu schaffen?“ Cameron, einst ein Mitglied der Königsgarde, hatte zusammen mit einem kleinen Trupp den Königsauftrag erhalten, Ilfaris und Tokaro'Ta'Uris gefangen zu nehmen. Anführer der Gruppe war ein Hauptmann namens Yron Varantir. Doch die Mission war von Blut getränkt worden: Yron selbst hatte Ilfaris hierbei getötet, und Tokaro war in Ketten gelegt und gefoltert worden, um den Aufenthaltsort von Nerestro und seiner Mutter Norina zu erfahren. Scheinbar sollte die gesamte Familie Ta’Uris aufgegriffen werden.

Doch hatte Cameron wenige Tage später von Meneldur, dem Berater des Königs, die Wahrheit über die Ehre der Ta'Uris erfahren. Sie waren bis zuletzt treue Diener des Königs gewesen. Schon länger gingen Gerüchte um den schwankenden Geisteszustand des Königs durch die Gänge und Hallen des Königspalastes umher. Schließlich entschloss Cameron sich Tokaro zu befreien, seinen alten Namen – Saegar Vardamir – abzulegen und sich als Karawanenführer ein neues Leben zu schaffen. Tokaro brachte er vorher zu Meneldur in Sicherheit. Nerestro entschied sich daraufhin Cameron am Leben zu lassen. Doch nicht ohne Bedingung: Cameron sollte Buse tun und sich ihm anschließen - auf der Suche nach seinem Bruder. Und wenn sie diesen dann gefunden hätten, so würde seine Mutter Norina über Camerons Schicksal entscheiden. Cameron beugte sich dem Wunsch Nerestros und versprach ihm zu folgen, bis er seine Schuld abgetragen hat.



Diese Enthüllungen wurden überschattet von der Beerdigung von Armadii und Velus. Viele Bewohner Tharvens versammelten sich, um den beiden toten Priestern die letzte Ehre zu erweisen, darunter auch der Lord-Gouverneur Numendil Baravon. Die Trauer lag schwer in der Luft, während die Flammen der Scheiterhaufen in den Himmel loderten.

Später sprach Nerestro mit Caryen und Andara über das, was er von Cameron erfahren hatte. Caryen war erschüttert zu hören, dass seine eigene Familie in Machenschaften verstrickt war die das gesamte Leben von Nerestro überschattet hatten. Und doch wunderte es ihn nicht.  Er entschuldigte sich aufrichtig für das Leid, das Nerestro durch sie erfahren hatte, und versicherte ihm, dass er sich längst von ihnen losgesagt habe. Er versprach, Nerestro bei seiner Suche nach Tokaro zu unterstützen. Auch Andara erklärte seine Unterstützung. Die Erlebnisse des letzten Abenteuers hatten ihm nach all den einsamen Wanderschaften zum ersten Mal das Gefühl gegeben, Freunde gefunden zu haben. Und so schmiedete das Schicksal aus Fremden eine Gemeinschaft.

Behrin trat an die Gruppe heran und bat sie, nach Aranost zu reisen. Sie sollten dem Illuminierten, dem Oberhaupt der Kirche Tharons, Bericht erstatten über die Geschehnisse in Tharven – und darüber, dass zumindest eine Schattenweberin noch lebte. Zu gefährlich wäre es einen Boten oder einfachen Brief zu entsenden. Sie, die drei Männer die all das wirklich erlebt haben, sollten diejenigen sein, die im Geheimen die Botschaft überbringen sollten.



Mit einem Charterschiff unter dem Kommando von Kapitän Adolar verließen die Gefährten Tharven und fuhren den Fluss Malduin hinauf in Richtung Aranost. Schon am nächsten Tag stießen sie auf ein herrenloses Flussschiff, die Pegasus. Es war offensichtlich Opfer eines Angriffs durch Flussschrecken geworden. Dank ihrer überlegenen Taktik und des geschickten Einsatzes der Schiffsballista gelang es den Charakteren, sich den Ruf als Flussschreckenschrecken zu verdienen. Sie nahmen das Schiff gemäß den Flussgesetzen in ihren Besitz und heuerten Joris Adama Cain an. Dieser war eigentlich der Maat von Adolar, doch offensichtlich war ihr Verhältnis nicht das Beste. Und so wurde der junge Maat zum Kapitän. Er würde in Zukunft die Pegasus als Handelsschiff nutzen solange die drei Freunde sie nicht benötigen würden.



Zwei Tage später machten sie Halt in einem Gasthaus am großen Zweiwasserfall, um neue Kräfte zu sammeln. Nicht jedem ist die Schifffahrt gut bekommen und so freuen sie sich über ein normales Bett für die Nacht. Doch die Ruhe währte nicht lange. Die Wirtin wundert sich, weshalb einer der Gäste noch nicht zum Abendessen erschienen sei. Caryen der ohnehin noch auf dem Weg in sein Zimmer war nahm sich der Sache an und wollte ihn wecken. Doch als er das Zimmer betritt, liegt dieser tot in seinem Bett. Als Caryen zu ihm tritt um ihn zu untersuchen, erwacht er plötzlich als Zombie und greift ihn an. Nahezu zeitgleich brachen weitere Untote aus dem angrenzenden Wald hervor. Der Angriff konnte mühsam zurückgeschlagen werden, doch nicht ohne Verluste: Ein Kind und die Schwester der Wirtin fielen den Kreaturen zum Opfer. Auch Stora, die Mutter des verstorbenen Kindes wurde Verwundet. Aber sie ist außer sich vor Trauer, so dass sie bewusstlos geschlagen werden muss. Ihr Mann bringt sie auf ihr Zimmer und will über sie wachen. Caryen und Cameron erlitten schwere Verletzungen. Doch der Schrecken war noch nicht vorbei – bereits kündigte sich eine zweite Welle an. Während die Leichen der ersten Untoten verbrannt wurden, schmiedeten die Überlebenden fieberhaft einen Verteidigungsplan. Fenster und Türen des Gebäudes wurden so gut es ging verbarrikadiert.



Inmitten der Vorbereitungen machte Caryen eine unheilvolle Entdeckung. In den Überresten des ersten Zombies, eines Mannes namens Horvath, fand er ein Tagebuch. Darin beschrieb Horvath seine Reise in eine Krypta hinter dem Wasserfall, wo er ein Portal in eine fremde Dimension entdeckt hatte. Dort hatte er einen schwarzen Kristall gefunden und mitgenommen. Doch kaum hatte er ihn an sich genommen, war er von Schattenwesen verfolgt worden. Eines dieser Wesen hatte ihn verletzt, doch er hatte es zurück durch das Portal geschafft – nur um mit der unheimlichen Gewissheit zu leben, dass die Schatten ihn suchten, um den Kristall zurückzuholen. Er war ins Gasthaus zurückgekehrt, um zu schlafen – und war gestorben. Den Kristall konnte Caryen jedoch nicht finden.

Dann erklang mit unheilvollem Stöhnen die nächste Welle von Untoten. Die Verteidiger nahmen ihre Positionen ein. Die Schatten waren noch nicht besiegt...

Metagespräch:
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Die Eindrücke hinter dem Spielleiterschirm findet ihr hier:
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,127474.msg135231285.html#msg135231285
« Letzte Änderung: 5.04.2025 | 17:20 von Namo »

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #6 am: 5.04.2025 | 15:04 »
Abend 4 Kristalle Teil 2 

Die Nacht lag schwer über dem Gasthaus, der Wind wehte den Geruch von verbranntem Fleisch und feuchtem Laub über die Hänge des Zweiwasserfalls. Drinnen – zwischen berstenden Barrikaden und flackerndem Kerzenlicht – begannen die Verteidiger sich auf das Unvermeidliche vorzubereiten. Die zweite Welle der Toten war im Anmarsch.

Nerestro und Andara bezogen Stellung auf dem Dach, ihre Flammenpfeile zischten in die Dunkelheit und verwandelten morsche Körper in lodernde Scheiterhaufen. Unten in der Küche stemmten sich Caryen, Joris und die Wirtin Felicita gegen das Anrollen der nächsten Angriffswelle. Währenddessen versuchten Cameron und andere Gäste die Barrikaden im Schankraum aufrecht zu erhalten. Doch die Barrikaden an den Fenstern brachen unter dem Druck der Untoten und ein verzweifelter Nahkampf entbrannte.

Felicita, kampferprobt und entschlossen, hatte nicht mit dem Unerwarteten gerechnet – einer abgetrennten Zombiehand, die sich lautlos unter einem Tisch hervorschob und sich erbarmungslos um ihren Hals schloss. Röchelnd rang sie nach Luft, während Caryen mit aller Entschlossenheit die Toten zurückdrängte. Erst das rechtzeitige Eingreifen Camerons rettete ihr das Leben, als sein Schwert die zombiehafte Klaue durchtrennte.

Doch der Feind wandelte sich. Die neuen Zombies wirkten... anders. Sie bewegten sich zielgerichteter, fast so, als folgten sie einem Willen. Durch ein zweites Fenster stürmten sie den Gastraum, während die Kämpfer auf dem Dach ihre letzten Gegner zu Boden streckten. Als Andara zur Hilfe eilen wollte, fiel Nerestro eine dunkle Gestalt in den Schatten auf – sie schien selbst aus Schatten zu bestehen.



Im Chaos kam es zu einem absurden Moment: Einer der Untoten verharrte irritiert vor einem alten Salatkopf auf einem Tisch, als wäre ein schwacher Hauch seiner früheren Existenz in ihm erwacht. „Kopf ist Kopf“, murmelte er, als hätte sein vergangenes Leben als überzeugter Veganer sich noch einmal aufgebäumt.

Die Schlacht tobte weiter, und plötzlich hallten Rufe und das Donnern von Hufen durch die Nacht. Eine Kutsche näherte sich in halsbrecherischem Tempo – es waren die Reisenden des Blauen Schwans. Diese war scheinbar ahnungslos ob der Untotenplage am kleinen Frachthafen angekommen. Doch die Hoffnung währte nur kurz: Die Kutsche kippte um, ein Passagier wurde sofort von den Toten verschlungen. Kapitän Adolar wurde von Zombies umzingelt, schwer verwundet, dem Tod nahe.

Andara vernahm inmitten des Tumults eine Stimme in seinem Kopf. Fremd, eine düstere Präsenz – jemand verlangte den Kristall zurück, fragte, ob “er es sei”… Wer sprach da?

Mit letzter Kraft gelang es den Helden, die Untoten endgültig zu besiegen. Adolar wurde gerettet, die restlichen Überlebenden fanden Schutz im Gasthaus. Die Reste der Toten, Körperteile und abgetrennte Gliedmaßen, wurden auf einen brennenden Scheiterhaufen geworfen. Die Nacht roch nach Asche und Blut.

Später fanden die Gefährten, unter dem Dielenboden in Horvaths Zimmer verborgen einen dunklen Kristall von dem dieser in seinem Tagebuch berichtet hattet. Den Schattenkristall. In Caryens Händen brannte er wie Eis, während Andara ihn ohne Schmerz halten konnte. Magisch ließ sich das Ding kaum begreifen, doch sein Einfluss war unzweifelhaft: alt, böse, nekromantisch. 



Nach langen Diskussionen beschlossen die Helden, die Menschen zum Hafen auf das Schiff zu evakuieren. Im Fuhrparkschuppen des Gasthauses stand noch die Kutsche eines Händlers und dessen Pferde. Diese wollten sie für die Flucht nutzen. Ferlix und Stora, das trauernde Bauernpaar, das im Laufe der Nacht ihrenn Sohn an die Zombies verloren hatten, wurden auf der Pegasus untergebracht. Allerdings wurde Stora im Laufe der Nacht rapide krank und fiebrig bis sie schließlich bewusstlos wurde. Eine große Diskussion entstand unter den Überlebenden. Was sollte mir ihr geschehen? Stora lag noch immer bewusstlos da – vielleicht bereits vom Fluch der Untoten befallen.

Dann machten sich Caryen, Nerestro und Andara auf den Weg. Ihr Ziel: die Gruft hinter dem Zweiwasserfall. Dort, so glaubten sie, hatte alles begonnen – und könnte es auch enden.

In der düsteren Grabkammer des alten Fürsten öffnete sich dann tatsächlich ein Portal. Die Luft war erfüllt von Flüstern. Schatten krümmten sich an den Wänden. Caryen war mit dem Kristall in Händen hervor getreten. Dieser vibrierte – dann riss die Realität auf, und ein Spalt in eine andere Welt tat sich auf. Dahinter: ein uralter Tempelraum. Leer. Vergessen.

Caryen trat hindurch. Es roch nach Schwefel und Rosenduft zugleich. Er hatte Gänsehaut vor Kälte - aber in der nächsten Sekunde rann ihm der Schweiß aus den Poren vor Hitze.

Kaum war er in der fremden Welt, erschien der Dämon den Nerestros am Waldesrand gesehen hatte. Aus den Schatten geschält, verlangte er den Kristall. Er versprach, mit ihm auch die Zombieplage zu beenden. Zögernd, voller Zweifel – aber auch in der Hoffnung, den Wahnsinn zu beenden – übergab Caryen das Artefakt nach kurzer Verhandlung mit dem Wesen. Auch wenn ihn der Satz "Sie verlangt nach ihm" kurz hat zögern lassen. Aber so viele Seelen im Landstrich um den Zweiwasserfall waren bedroht. Er musste für sie einstehen. Dann verließ er die fremde Welt wieder. Das Portal schloss sich hinter ihm.

Als sie im Licht des Morgens zur Pegasus zurückkehrten, war der Spuk vorbei. Die Toten? Verschwunden. Stora? Geheilt. Als die Strahlen der Sonne den Malduin golden Schimmern lies – so kam er auch zu seinem Namen der in mystischer Sprache “der goldene Fluss” bedeutet – kam ihnen die Nacht nur noch wie ein Alptraum vor. Sie würden die Erlebnisse der Nacht jedoch niemals vergessen. Und die Berührung des Kristalls ihrer Seelen ebenso nicht.

Drei Tage später, mit erschöpften Körpern und schweren Gedanken, erreichten sie endlich die majestätische Königsstadt Aranost.



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« Letzte Änderung: 6.04.2025 | 17:02 von Namo »

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #7 am: 6.04.2025 | 15:48 »
Da die gesamte Handlung dieses Abends in Aranost spielte, hätte ich den Beginn auch als Beginn des Aranost Abenteuers behandeln können. Aber thematisch gehörte es für mich des Abenteuertitels wegen noch zum vorherigen Abenteuer. So gesehen also 2 in 1.  ~;D

Abend 5 Kristalle Teil 3

Während Joris und Cameron sich in der Taverne „Zur Ankerkette“ einmieteten, zog es Caryen, Nerestro und Andara sogleich in den Tempel Tharons. Zu drängend war, was in Tharven geschehen war – zu bedeutsam die Kunde, die sie dem Illuminierten überbringen mussten. Auf dem Weg zum Kirchengelände sahen sie die wunderschöne, für das Fest der Freiheit geschmückte, Stadt. Sie waren rechtzeitig zu den Feierlichkeiten die den Sieg und die Vertreibung der Arakniden feiern sollte in die alte Königsstadt gelangt. Welche Ironie waren im Blick darauf die Nachrichten die sie bei sich trugen.

Aufgrund der von Behrin vorab übermittelten Botschaft wie wichtig ihre Nachricht sein würde wurden sie ohne Umschweife vorgelassen. Der Illuminierte erwartete sie bereits, allein, in der Stille des weiten, sonnenbeschienenen Tempels.

Caryen ergriff nach Vorstellung seiner Freunde das Wort. Ruhig aber bestimmt berichtete er von ihrem Kampf gegen Ayyyara – und der zu befürchtenden Rückkehr der Arakniden. Der Illuminierte hörte schweigend zu, doch seine Miene verhärtete sich zusehends. Er hatte es geahnt, sagte er. Eine düstere Bewegung im Schatten des Landes, tiefgreifender als der Zwist zwischen Aldarion und Vardamir. Sogar jenseits der Bedrohung durch die Garxx. In den letzten Wochen waren Priester verschwunden, der Kontakt zu einem Ordensbruder in Bingenberg war abgerissen. Dieser hatte von verschwundenen Menschen berichtet – all das hatte ihn beunruhigt. Doch jetzt ergab es ein düsteres Bild. Und dennoch wisse man nun noch nicht wirklich was vor sich ginge. Ist es nur eine Schattenweberin oder sind es gar mehrere? Konzentriert betrachtet er die drei so ungleichen Männer die vor ihm stehen. „Drei Männer!“, „die Arakniden die einst für die Finsternis standen“ – „das ist das Zeichen“ murmelt er mehr zu sich als für die Ohren der Anwesenden bestimmt.



Er führte sie in das obere Stockwerk des Tempels, in den Kristallraum – einen Ort, der so rein in Licht getaucht war, dass die drei Gefährten unweigerlich die Augen zusammenkneifen mussten. In der Mitte des Raumes schwebte ein Licht. Der Illuminierte sprach nun von der Vergangenheit, in der er einen Splitter der Sonne fand – ein Kristall der von Tharon selbst stammen sollte. Ein Engel war ihm damals erschienen und hatte zu ihm gesprochen. Neben anderen Weissagungen, die schließlich zur Begründung der Kirche führte, so sprach der Engel auch davon, dass einst drei Männer kommen würden die die Finsternis verfolgen. Ihm sei aufgetragen worden, sie zum Licht Tharons zu führen. Nun, so sagte er, sei dieser Moment offensichtlich gekommen.
Fragend sahen sich die drei Männer an. Nachdem alle drei sich gegenüber dem Kirchenoberhaupt dem Kampf gegen die Arakniden verschworen hatten, lies der Illuminierte das Licht zu seinen Händen schweben und es stellt sich als der Kristall Tharons heraus. Das oberste Relikt der Kirche.
Schweigend erhoben die drei Männer ihre Hände – und einer nach dem anderen berührte den Kristall.
Caryen spürte, wie Tharons Seele durch seine Adern floss, wie eine uralte Flamme, die sein Innerstes entzündete. Nerestro fühlte Macht in sich aufsteigen – durchdringend, fließend, konzentriert in seinem Ring, der zu glühen begann. Für Kratzer gehaltene Stellen in seinem Ring schmolzen und verformten sich zu einem Linienmuster. Und auch Andara wurde von Feuer erfasst. Er wurde in diesem Moment der erste Magier Calanors seit langer Zeit, der wieder über das Element des Feuers gebot. Doch Tharons Macht war im Gegensatz zu seinen Freunden keine Gnade ohne Preis. Schmerz begleitete sie, Stimmen flüsterten in seinem Kopf, als würde sich etwas in ihm dagegen sträuben diese Macht anzunehmen.

Am nächsten Tag wollte der Illuminierte den kleinen Reichsrat einberufen – Derenai Aldarion und Harumor Vardamir sollten hören, was geschehen war. Beide wären aufgrund des Festes der Freiheit in Aranost zugegen. Die Anführer der beiden größten Häuser des Landes sollten vorab informiert werden. Der Illuminierte hofft, dass sie die Größe der Gefahr erkennen und ihre Animositäten ruhen lassen würden. Und wenn diese beiden mit einer Stimme sprechen würden, so würde der große Rat sicher folgen. Nur in Einheit könnte man der Gefahr begegnen. 

Dem zustimmend verließen die drei Helden den Tempel aufgewühlt und voller Gedanken. Sie waren müde und wollten nur noch schlafen.

Abend 5 Aranost Teil 1

Am nächsten Morgen lag ein silberner Schimmer über Aranost. Die Stadt war im Fest der Freiheit gefangen – Fahnen wehten, Kinder lachten, Schauspielergruppen zogen durch die Straßen. Eine davon stellte die legendären Helden Lucifer, Kwork und Thagirion dar. Der Legende nach diejenigen die die Revolution gegen die Arakniden vor 100 Jahren angeführt hatten und für deren Niederlage verantwortlich waren.

Im Ratsturm der Königsburg begann die Sitzung. Derenai Aldarion war abwartend und aufmerksam. Harumor Vardamir hingegen trat mit kühler Skepsis auf – und zu Caryens Erschütterung erschien auch Yron Varantir, begleitet von seinem maskierten Leibwächter Valkrist. Was hatte sein Onkle hier zu suchen? Und auch Nerestro durchlief es. War das nun tatsächlich der Mörder seines Vaters? Doch er musste sich ruhig halten und war in Aranost auch unter einem Decknamen unterwegs. Würde man hier erfahren, wer er ist, so bestünde die Gefahr, dass er in Ketten gelegt würde. Oder Schlimmeres.



Caryen trug ihre Erlebnisse vor. Harumor jedoch schenkte der Geschichte keinen Glauben. Für ihn waren die Piraten der Südmeere und die Garxx eine weitaus realere Gefahr. Es entbrannte ein Streit mit Derenai, der dem jungen Paladin Glauben schenkte – als Sohn des legendären Harlak von Avernus kannte er die alten Geschichten um die Arakniden nur zu gut. Yron jedoch – der von Harumor selbst dazu gebeten worden war, stellte sich auf Caryens Seite und trat für ihn ein. Caryen und seine beiden Freunde waren irritiert. Das klang nicht nach dem Mann von dem Cameron berichtet hatte.



In der hitzigen Diskussion kam auch ans Licht, dass Caryens Ausbilder Halton Sonnenschreiter in Wahrheit Halton Aldarion war. Und Harumor Vardamir misstraute jedem aus dem Hause Aldarion. Und so ließ Harumor sich nicht bewegen. Ohne irgendwelche Beweise wollte er sich auf das Geschwätz – bei aller Wertschätzung für den Illuminierten – über eine Rückkehr der Arakniden nicht einlassen.  Er verließ den Saal und ließ die Anwesenden enttäuscht zurück. Der Illuminierte hatte tatsächlich gehofft, dass Harumor die alte Feindschaft für eine höheres Ziel beilegen würde. Und so löste sich die Versammlung ergebnislos auf.

In der Ankerkette diskutieren die Freunde ausgiebig über ihre nächsten Schritte. Sie mussten Beweise finden. Sollten sie nach Bingenberg reisen und versuchen heraus zu finden was dort geschah? Doch Nerestro wollte Meneldur den alten Königsberater suchen. Dieser würde vielleicht wissen wo Tokaro sich aufhält oder hat zumindest Hinweise über ihn.



Wenig später erreichte Caryen eine Einladung – Yron wolle ihn sprechen. Zusammen mit Nerestro und Andara besuchte er die Stadtvilla seines Onkels. Yron empfing ihn mit offenen Armen, sprach von Familie, von Caryens kranken Vater und von Verantwortung die er als Sohn des Hauses Varantir tragen würde. Doch Caryen blieb standhaft – er hatte der Vergangenheit abgeschworen. Als jedoch Samia Varantir, seine Mutter, den Raum betrat, geriet sein Herz ins Wanken. Ihre Worte waren nicht politisch, nicht berechnend. Sie waren ehrlich und von Liebe geprägt. Lange hatte er sie nicht gesehen und lange vergessene Kindheitserinnerungen und Gefühle stiegen in ihm auf. „Komm zurück“, bat sie. „Du bist unser Sohn.“ Und auch Yron sprach angesichts der von ihm geschilderten Gefahr die Vergangenheit zu vergessen und gemeinsam nach Vorne zu blicken. Doch Caryen verneinte. Er verließ sie – nicht aber, ohne von Samia seinen alten Siegelring zurückzuerhalten den er einst auf dem Boden der Eingangshalle zurück ließ als er sein Zuhause verlassen hatte. „Ich habe ihn stets bei mir getragen“, flüsterte sie. „Wir sind deine Familie und du bist immer willkommen.“



Noch am selben Tag besuchten sie Derenai Aldarion, um nach Meneldur zu forschen und über die Ratssitzung zu sprechen. Nerestro hoffte noch immer, über ihn Hinweise auf seinen Bruder Tokaro zu finden. Allerdings hatte er inzwischen herausgefunden, dass Meneldur vor langer Zeit Aranost verlassen hätte und niemand wüsste wo er wäre. Derenai rief seinen Vater, Harlak von Avernus, hinzu. Dieser war ein guter Freund von Meneldur und erzählte von einem Brief Meneldurs den dieser ihm geschick hatte. Er wollte nach Avernus kommen um mit ihm über wichtige Dinge den König betreffend zu sprechen. In dem Schreiben bat Meneldur darum, sich im Falle seines Verschwindens an Gorlan den Archivar zu wenden.
Die Gruppe begab sich zur Bibliothek. Hier trafen sie den sehr alten Gorlan. Dieser war ein Vertrauter Meneldurs und nachdem die Freunde das Gespräch mit Harlak erwähnten, übergab er ihnen ein altes Pergament Meneldurs. In diesem Stand ein rätselhaften Satz:
„Wenn das Auge des Drachen sich zu Mittag bettet, findet sich das Geheimnis hinter der Sonne.“

Zunächst blieb es rätselhaft. Doch dann hatte Caryen eine Eingebung. In Yrons Besprechungszimmer in dem sie zuvor waren, befand sich ein kunstvoller Kaminsims mit einer Drachenfigur, die eine Uhr umschlang. Ihr gegenüber: ein Gemälde von Aranost – mit einer strahlenden Sonne darüber.
Yrons Stadtvilla... war einst Meneldurs Refugium. Wie ihnen Gorlan dann auch bestätigte.

Mit entschlossenen Blicken schmiedeten die Gefährten einen neuen Plan. Ihre Abreise würde sich verzögern.

Metagespräch
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Hinter dem Spielleiterschirm:
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« Letzte Änderung: 6.05.2025 | 15:12 von Namo »

Offline Streunendes Monster

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #8 am: 6.04.2025 | 17:27 »
Weiter so - ich lese sehr interessiert und neugierig mit  :d
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Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #9 am: 6.04.2025 | 18:00 »
Schön, danke für dein Interresse. Da wie ja erst 12 oder 13 mal gespielt haben, dürfte ich ja einigermaßen schnell aufschließen.  :)

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #10 am: 10.04.2025 | 15:56 »
Abend 6 Aranost Teil 2

Inzwischen war der 05. Februar nach der Finsternis und die winterliche Kälte hatte sich wie ein grauer Schleier über Aranost gelegt, als sich unsere Gruppe am Rande des Prinzenparks versammelte. Der Blick schweifte hinüber zur Stadtvilla der Varantirs. Ihr Ziel war klar – sie wollten in den Besprechungsraum des Yron Varantirs gelangen.
Doch der Weg dorthin war alles andere als leicht. Die Villa lag mitten in der Stadt, bewohnt und bewacht. Ein magischer Zugriff? Zu gefährlich, in einem Umfeld, das auf magische Ausschläge geschult war. Heimliches Eindringen? Ohne Kenntnis des Geländes und mit manch fehlender Schleichtauglichkeit eine riskante Sache. So verrückt es klang, erschien die Idee eines offiziellen Besuchs fast schon als die vernünftigste Variante.



Noch während sie Pläne schmiedeten, zerriss plötzlich ein Aufschrei die Stille des Stadtparks – Elbenrufe, gefolgt von metallischem Aufeinanderschlagen von Klingen. Ohne zu zögern stürzten sie los.
Nerestro und Andara erreichten als erste die Lichtung, auf der sich ein blutiges Bild bot: Vier Elben, einer bereits gefallen, kämpften erbittert gegen dunkle Gestalten – menschliche Waldläufer, wie es auf den ersten Blick schien. Die elbische Anführerin rief ihre verbliebenen Krieger zu sich, gerade in dem Moment, als einer ihrer Männer von dem Anführer der Angreifer schwer verwundet wurde.
Andara, vom Adrenalin getrieben, schleuderte einen Feuerstrahl – seine erste Anwendung des Zaubers. Doch der Funke verglühte in der Luft, kraftlos. Nerestro wollte eingreifen, doch ein Pfeil aus dem Hinterhalt traf ihn schwer. Er ging zu Boden, bewusstlos.

Ein erbitterter Kampf entbrannte – die Gruppe kämpfte Seite an Seite mit den Elben. Schwer war das Ringen, doch die vereinten Kräfte und ihre neugewonnenen Fähigkeiten gaben den Ausschlag. Drei der Angreifer wurden besiegt. Der Anführer jedoch entkam – und mit ihm ein dunkles Geheimnis.
Die Elbin stellte sich als Alariel vor. Sie erkannte Andara – und sprach ihn an, als kenne sie ihn aus einer Zeit, die für ihn im Nebel lag. Seine Heimat Armalond. Ein Name, der ihm kaum etwas sagte. Erinnerungen fehlten – nicht nur an sie, sondern an ganze Abschnitte seines Lebens. Andara war verwirrt. Während diese Elbenfrau offensichtlich Gefühle mit ihm verbindet, erinnert er sich nicht an sie als hätte es sie nie gegeben? Wie konnte das sein?

Alariel blieb nicht lange. Die Stadtwache würde bald hier sein. Sie erklärt, sie könnten sie im Arkanum der Geheimnisse wiederfinden – bei Elion Schattenstern.
Die Toten jedoch gaben Hinweise: In die Rüstungen der Angreifer waren Initialen eingraviert – alte Zeichen des königlichen Waldläuferordens, ursprünglich dem Thron treu ergeben. Nerestros Vater war einst einer von ihnen gewesen. Die Gruppe nannte die Angreifer fortan: Die schwarzen Waldläufer.

So gab die Gruppe ihren ursprünglichen Grund weshalb sie hier waren auf. Elben in Aranost war ein mehr als ungewöhnlicher Umstand, dem es vielleicht lohnte nach zu gehen. Zumal Andara von den Umständen der Begegnung noch immer angegriffen war. Also machten sie sich später auf zum Ladengeschäft Elions. Dort, zwischen flackernden Kerzen und uralten Schriftrollen, erfuhren sie mehr: Die Elben nennen sich Hüter der Schatten, eine von Andaras Vater Daeron gegründete Gemeinschaft, die sich im Verborgenen dem Kampf gegen die Rückkehr der Arakniden verschrieben hat.



Sie pflanzen uralte Bäume, magische Gewächse, die die finsteren Kräfte der Spinnenwesen schwächen sollen. Die Elben glauben, dass die Arakniden, einst besiegt, nie vollständig vernichtet wurden – und dass sie nun zurückkehren. Doch diesmal sind sie gefährlicher denn je: Sie haben gelernt, menschliche Gestalt anzunehmen. Die Bäume sollen verhindern, dass die Arakniden im Geheimen die Königsstadt infiltrieren können und die Verwandlungsfähigkeit der Arakniden verhindern.
Warum aber wurden die Hüter entdeckt? Hatten die schwarzen Waldläufer sie gezielt gesucht? War es Zufall? Alariel vermutete Manipulation – Gerüchte, Misstrauen, vielleicht gesät von den Arakniden selbst. Auch ein weiteres, für Andara verstörendes Gespräch mit Alariel fand statt. Doch das brachte ihm keine neuen Erkenntnisse. Er erinnert sich nicht an sie und stellt erstmals fest, dass er sich offensichtlich nur an gewisse Momente in seiner alten Heimat erinnert. Alariel war offensichtlich selbst bekümmert über Andaras Erinnerungslücke. Sie lud ihn ein in die alte Heimat zurück zu kehren, auf dass sie sich hier in Ruhe sprechen könnten.

Am nächsten Morgen standen sie vor Yrons Tür. Ein offizieller Besuch. Caryen erklärte, das Angebot zur Rückkehr in die Familie habe ihn berührt – aber zunächst gäbe es Wichtigeres: Die Wahrheit über die Arakniden heraus zu finden. Yron empfing sie – sichtlich überrascht. Valkrist, der Leibwächter Yrons, war ebenfalls anwesend, hielt sich aber im Schatten des Raumes. Wieder einmal pfiff er einen merkwürdigen Melodieversatz. Andara zuckte zusammen – als hätte etwas in ihm darauf reagiert, etwas Unterbewusstes.
Yron offenbarte, dass er am Abend das große Theaterstück zum Fest der Freiheit besuchen würde – eine perfekte Gelegenheit für einen Einbruch denken sich die drei Freunde. Mit diesen neuen Informationen verabschiedet die Gruppe sich von Yron. In der Hoffnung, dass er Caryens Maskerade Glauben geschenkt hätte.

Und so schlichen sie sich des Nachts in die Villa, durch Schatten und Dunkelheit. Sie fanden den Besprechungsraum, lösten das Rätsel Meneldurs – und entdeckten einen geheimen Raum, der seit Jahrzehnten unberührt war. Darin fanden sie ein altes, staubiges Buch. Meneldurs Tagebuch!
Doch bevor sie es sichern konnten, erschien Valkrist. Unaufhaltsam, als hätte er sie erwartet. Nerestro der Wache stand, versuchte sofort zu agieren - doch wurde Ziel eines Schlafzaubers. An die beiden übrigen gewandt, verlangte Valkrist, dass sie sich ergeben sollten. Caryen und Andara zögerten – dann ergaben sie sich als sie im Haus auch noch weitere Wachen herbeieilen hörten.
Valkrist ließ Yron rufen. Dieser kam nach einer halben Stunde– irritiert, enttäuscht und überrascht. Er ließ sich das Buch zeigen. Er selbst hatte von diesem Geheimraum nichts gewusst. Es entstand eine hitzige Diskussion bei der Yron herausstellte, wie sehr Caryen und seine Freunde im Unrecht waren. Sie können für ihre Beschuldigungen keinerlei Beweise liefern – behaupteten sie sogar er wäre ein Araknid. Während umgekehrt sie diejenigen sind die in das Haus eines ehrenwerten Ratsmitglieds eingebrochen waren und Caryen als Mann der Kirche sogar faktisch mehrmals gelogen habe in ihren Gesprächen. Da er nichts zu verbergen habe, lies Yron Caryen mit ihm gemeinsam das Buch lesen.  Das Tagebuch offenbarte: Der König war beeinflusst worden. Viele Häuser waren am Hofe zu Gast. Vardamir, Aldarion, Varantir und mehr. Alle um ihre eigenen Interessen buhlend. Meneldur war nicht mehr sicher und hatte einen wohl wichtigen Gegenstand an sich genommen, den er zusammen mit Tokaro – Nerestros Bruder – nach Avernus zu Harlak bringen wollte. Er wollte Harlak sein Wissen offenbaren zu dem was am Hofe vor sich gegangen war.



Yron, sichtlich nachdenklich, entschied, die Gruppe nicht bei der Stadtwache anzuzeigen. Yron sprach, dass er sehr enttäuscht wäre von Caryen, dessen Mutter Samia er aber nichts von diesem Vorfall erzählen wolle, damit sie nicht die Zuneigung zu ihrem einzigen Sohn verlieren würde. Den sie noch immer auf ein Podest heben würde. Aber sie sollten Aranost sofort verlassen, bevor er seine Meinung ändern würde.

Später, im Gasthaus Ankerkette, kochte Cameron vor Wut als die Gruppe über ihre Erlebnisse berichtete. Zugut kannte er doch Yron. Doch es blieb keine Zeit für Groll. Am nächsten Tag wollten sie nach Wolkenbach reisen und dem Weg Meneldurs folgen, den dieser einschlagen wollte - nachdem was in seinem Tagebuch stand. Und danach sollte es weiter nach Bingenberg gehen um den Hinweisen von denen der Illuminierte berichtet hatte nach zu gehen. Zu niedergeschlagen waren sie über die Erlebnisse in Yrons Villa. Sie wollten diese verfluchte Stadt verlassen. Wenn auch recht überstürzt. Sie suchten nochmal den Kirchenbezirk auf und hinterließen Botschaft an den Illuminierten, dass sie sich nach Bingenberg aufmachen würden und nach dem vermissten Bruder suchen würden.



Bevor sie am nächsten Morgen den Hafern erreicht hatten, begegneten sie einem Wahrsager. Jeder ließ sich die Karten legen – und die Botschaften, die sich daraus ergaben, hallten lange in ihren Gedanken nach.

Andara zog Zauberstab und Schwert, den Totenbeschwörer, die Quelle des Lebens – und in der Mitte: den Doppelgänger.
„Du musst sterben, um zu leben“, raunte der Wahrsager. Doch was das bedeuten mochte, blieb im Dunkel.

Caryen erhielt den Glockenturm, das Feuerwesen, den Kristall und ein Luftschiff – in der Mitte: die Kerze.
„Du bist das Licht Tharons“, flüsterte der Seher. „Du bist Tharon auf Erden.“

Nerestro sah die große Flut, den Drachen, Waldläufer, den Kriegsherrn – und in der Mitte: den Gestaltwandler.
„Du lebst das Leben eines anderen. Wenn du dein wahres Selbst findest, kannst du viele retten. Aber einer wird ob deiner Wahl im Schatten verschwinden.“

Der Wahrsager erläuterte ihnen kurz wofür die Karten im übergeordneten Sinne standen. Zutiefst beschäftigt mit den Aussagen und unklar was das genau bedeuten würde marschierten sie weiter. Wer glaubt schon an Wahrsager?

Und so verließen sie Aranost den bekannten Geruch des Flusses wahrnehmend und in ihren Gedanken: Fragen. Zweifel. Entscheidungen, die noch getroffen werden mussten.
Sie würden vieles davon erstmal zurücklassen.

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« Letzte Änderung: 6.05.2025 | 15:12 von Namo »

Offline klatschi

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #11 am: 12.04.2025 | 07:39 »
Aaah, ich setze hier mal ein Abo, damit ich den Thread nicht übersehe ❤️

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #12 am: 6.05.2025 | 15:08 »
Abend 7 Unter der Erde verborgen – Teil I

08. Februar im Jahr 99 n.d.F.
Nach den aufreibenden Tagen in Aranost war die Abreise auf der Pegasus nicht nur eine Reise flussabwärts – sie war auch eine Reise nach innen. Jeder aus der Gruppe trug die Erlebnisse der letzten Zeit schwer auf den Schultern und die Gespräche an Deck waren leiser und nachdenklicher geworden. Das nächste Ziel war Wolkenbach um Hinweise auf Meneldur zu erlangen und danach Bingenberg, wo ein Priester verschwunden war.

Caryen war stiller als sonst. Noch hallten in ihm die Worte und Blicke der Begegnung mit Yron und seiner Mutter nach. Schatten, die tiefer schnitten, als er es sich eingestehen wollte. Doch das unverhoffte Treffen mit Halton Sonnenschreiter – seinem Ausbilder aber auch jener Mann, der ihm stets wie ein Bruder war – brachte einen Funken Licht zurück. Halton überbrachte ihm eine Botschaft des Illuminierten.
Auch Nerestro wirkte in sich gekehrt. Gedanken an seinen verschollenen Bruder Tokaro und an seine Mutter begleiteten ihn auf der Fahrt. Immer wieder suchte er das Gespräch mit Cameron, jenem Mann, der ihm treu zur Seite stand, dessen Schicksal jedoch noch immer nicht vollends entschieden war. Die Entscheidung darüber wollte er nach wie vor seiner Mutter überlassen. Von Cameron erfuhr er beunruhigende Neuigkeiten: Während ihres Aufenthalts in Aranost war dieser überfallen und beinahe getötet worden – von Vasallen eines „alten Freundes“, wie er berichtete. Cameron war offenbar erkannt worden, doch ob dies an den Taten der Gruppe oder an ihm selbst lag, blieb ungewiss. Auf eigene Faust hatte er Informationen gesammelt, um Meneldurs Spur zu finden – ein Risiko, das beinahe sein Leben gekostet hätte.

Andara wiederum zog sich, wie so oft, in sein Studium zurück. Der Magier, der klares Denken über alles stellte, rang innerlich mit dem, was geschehen war. Feuermagie erlernen durch das Berühren von Tharons Kristall? Die Begegnung mit Alariel – einer Frau, an die er sich nicht mehr zu erinnern vermochte? Mehr und mehr wurde ihm bewusst, wie sehr ihn die Jahre in der Magierakademie von seinem alten Leben in Armalond, seiner Heimat, entfernt hatten. Er musste mit seinem Meister Malfar sprechen. Vielleicht würde dieser ihm wieder den Weg weisen, wie er es so oft getan hatte. Immerhin kehrte er nun mit der Feuermagie zurück – ein kleiner Teil seiner Suche war erfüllt. Selten war ihm seine Unsterblichkeit so bewusst wie in diesen Tagen. Immer hatte er vermieden, Menschen zu nahe zu kommen. Sie starben zu schnell. Und doch... Caryen, Nerestro, selbst Cameron und Joris – sie waren da. Schrullig auf ihre Weise, aber sie bildeten längst eine Gemeinschaft.
In einer kühlen Nacht, als Nebelschwaden über dem Fluss tanzten, wurde die vor Anker liegende Pegasus plötzlich von Flussschrecken angegriffen. Der Überfall kam überraschend, doch die Gefährten hatten in den letzten Wochen zu viel erlebt, um sich davon überrumpeln zu lassen. Mit geübten Bewegungen schlugen sie die Angreifer zurück. Als Ruhe einkehrte, äußerte Joris nachdenklich, wie ungewöhnlich diese Häufung von Angriffen sei. Die Flussschrecken zeigten ein Verhalten, das bisher unbekannt war. Sollte sich dies fortsetzen, würde es eine ernsthafte Bedrohung für die gesamte Flussschifffahrt bedeuten.



Als die Pegasus in Wolkenbach einlief, war die Luft feucht und kühl. Wolkenbach markantester Ort war ein gewaltiges Steinkunstwerk, das ein königliches Seefahrerschiff Numenors darstellte und in eine Brücke bzw. den Hafen eingearbeitet war. Es ehrt die ersten Numenorer die ihren Fuß auf Calanor gesetzt hatten und später Aranost gründeten und das Land zu ihrem neuen Königreich machten.
Am Hafen kam es gleich zu Spannungen: Joris geriet mit zwei Hafenarbeitern, Galun und Tholin, aneinander – Männer, die ihn einst gehänselt hatten. Drei weitere gesellten sich dazu, offensichtlich in der Absicht, ihn als Rückkehrer seiner alten Heimat zu „begrüßen“. Vielleicht war es auch blanker Neid auf seinen Rang als Kapitän. Doch als Caryen, Nerestro, Andara und Cameron sich schweigend auf der Reling neben ihm aufbauten, verflüchtigte sich die Bande rasch. Joris blickte ihnen nach – mit einem Blick, der mehr sagte als Worte. Seit jener Nacht der Untoten hatte er seine Angst verloren. Doch er wollte sich auch selbst verteidigen können, nicht ewig von der Stärke anderer abhängig sein. Und vielleicht – ganz vielleicht – sich jemandem beweisen. Sein Blick huschte verstohlen zu einem Mädchen am Hafen, Anni Silberblatt, der er schüchtern zuwinkte. Seine alte Jugendliebe. Er wandte sich an Nerestro und Cameron - mit der Bitte ob diese ihm nicht im Umgang mit dem Schwert unterrichten könnten.



In der Hafenmeisterei fanden sie schließlich erste Hinweise. Es bestätigte sich, dass Meneldur und Tokaro tatsächlich hier angekommen waren – doch offenbar hatten sie die Stadt niemals wieder per Schiff verlassen. Aus Meneldurs Tagebuch wussten sie, dass dieser eine weitere Passage nach Avernus gebucht hatte, um Harlak von Avernus zu sprechen.
In der Hoffnung auf weitere Spuren suchten sie Viktor Braske, Joris' Vater, auf. Der alte Mann war überraschend gebrechlich für Joris’ junges Alter – und sein Geist schien nicht mehr ganz klar. Viel hatte er offenbar erduldet. Ein Fischer ohne Boot, von der Frau früh verlassen. Es zeichnete sich ein Bild von Joris’ Vergangenheit, das ahnen ließ, warum er den Namen Braske abgelegt hatte. Doch zur Überraschung aller konnte Viktor helfen: Er erinnerte sich, dass vor vielen Jahrzehnten ein Mann namens Keldan, ein Kuhbauer aus der Umgebung, von einem blutüberströmten Mann aus der Königsstadt gesprochen hatte.

Am Abend kehrten sie in der Schwanenlinde ein. Bei Bier und warmem Essen machten Gerüchte die Runde. Am nächsten Tag würde der Stadtherold Qantaro Neuigkeiten aus der Hauptstadt verkünden. Ging es um den alten Schatz unter Aranost? Ein anderes Gerücht sprach von der Sichtung des fahlen Wanderers – einer Gestalt aus Kindermärchen – am Stadtrand. Müde, aber auch erleichtert, fern von Aranost zu sein, fielen sie in dieser Nacht in ihre Betten.



11. Februar 99 n.d.F.
Der Morgen führte sie zum Pferdehändler Garrick Stoer. Überraschend groß war dessen Gestüt am Stadtrand, und ebenso überraschend war sein Angebot: Edle Melnibonéer standen zum Verkauf. Die Gefährten erwarben drei prächtige Tiere – Elric, Harper und Seraphina – jedes von eigenem Wesen und Charakter.
Später versammelte sich die Stadt auf dem Marktplatz zur Kundgebung Qantaros. Was er berichtete, ließ sie erstarren. Offenbar hatte Yron Varantir in Aranost den Reichsrat einberufen und Meneldurs Tagebuch vorgelegt – doch der Inhalt wich drastisch von dem ab, was sie selbst gelesen hatten. Laut diesem Bericht habe Haus Aldarion am Wahnsinn des Königs Amon-Ra Anteil gehabt. Sie hätten ihn manipuliert, seine Garde zu Gräueltaten getrieben. Meneldur selbst sei sogar mit Harlak Aldarion aneinandergeraten, der außer Kontrolle gewesen sei. Die Kirche und Harumor Vardamir hätten vergeblich versucht, Stabilität zu bewahren.

Die Menge geriet in Aufruhr. Wolkenbach war geteilt aus Anhängern des Hauses Aldarion und des Hauses Vardamir. Wortgefechte flammten auf, dann erste Rangeleien. Die Stadtwache musste einschreiten. Doch dann erschien Calima Hohenberg, die Gouverneurin. Mit ruhigen, eindringlichen Worten gelang es ihr, die Menge zu beruhigen und zu einen.



Von ihren Pferden aus beobachteten die Gefährten das Geschehen. Es fühlte sich an wie eine Niederlage. Hatten sie Aranost zu früh verlassen? Hatten sie Yron kampflos das Feld für seine Intrigen überlassen?
Sie wussten es nicht. Doch eines war klar: Jede Entscheidung hat Konsequenzen. Und sie mussten nun mit den ihren leben. Hoffentlich würde wenigstens die Spur, die sie gefunden hatten, zu Meneldur führen...

Hinter dem Spielleiterschirm:

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Metagespräch

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« Letzte Änderung: 6.05.2025 | 16:57 von Namo »

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #13 am: 6.05.2025 | 20:41 »
Abend 8 Unter der Erde verborgen - Teil 2

12. Februar 99 n.d.F.

Im matten Licht eines winterlichen Morgens sattelte die Gruppe ihre Pferde. Das Knirschen der Hufe auf gefrorenem Boden begleitete sie, als sie den abgelegenen Hof des alten Keldan ansteuerten. Der Bauer, gebeugt von Jahren und Schicksal, empfing sie mit skeptischem Blick und verschlossener Miene. Erst als sie ihm ihre Beweggründe offenbarten, taute seine Haltung auf. Langsam, als wöge er jedes Wort, begann er zu erzählen.

Vor vielen Jahren war ihm Meneldur begegnet – gemeinsam mit Tokaro Ta’ Uris. Die beiden Männer waren auf der Flucht, gejagt von den schwarzen Waldläufern, einst Männer des Königs, nun Schatten ihrer selbst. Keldan hatte ihnen geholfen und ihnen Schutz gewährt. Die Flüchtlinge brachen schließlich auf, um über Tharven eine Passage nach Avernus zu finden. Doch nur Tage später fand Keldan Meneldur sterbend vor seinem Hof.

Mit schwacher Stimme sprach der Gefallene von getreuen Männern, die einst nach ihm suchen würden – Männer, die bereit sein müssten, mit den Toten zu sprechen, um die Wahrheit zu finden. Als Vermächtnis hinterließ Meneldur ihm eine silberne Brosche – seine Umhangspange, die er als seinen Fluch bezeichnete. Sie hielt ihn in dieser Welt fest, bis jemand ihn erlösen würde. Keldan begrub ihn hinter dem Haus im Schatten der Bäume und legte die Brosche auf sein Grab.

In andächtiger Stille nahm Nerestro die Brosche an sich, das kalte Metall schwer in seiner Hand. Über ihnen nahmen sie einen einsam über ihnen kreisenden Raben wahr. Als würde er sie beobachten. Gedankenreich entbrannte eine Diskussion. Andara schlug schließlich vor, dass man durch Nekromantie einen Weg finden könnte, Meneldur zu befragen oder das Geheimnis der Brosche zu lösen. Vielleicht bot die Magierakademie in Cymril Hilfe. Da Bingenberg wie Cymril im Westen lag, entschlossen sie sich beides zu verbinden. Und so betrat die Gruppe erneut die Pegasus und begann die Reise den Batahlan entlang in Richtung Bingenberg.



Während der langen Stunden auf dem Wasser suchte Cameron das Gespräch mit Caryen. In ruhigen Worten, fast wie ein Geständnis, offenbarte er die Schwere seiner Gedanken. Jahrzehntelang hatte er seine Vergangenheit tief begraben. Nun, in den letzten Wochen, war sie mit brutaler Wucht zurückgekehrt. Er erkannte sich selbst in Caryens Lebensweg, erkannte die Standhaftigkeit, die dessen Glaube ihm gab. Cameron fragte sich, ob auch für ihn in diesem Glauben ein neuer Pfad, ein neuer Halt liegen könnte. Die Zeichen des Alters spürte er bereits im Rücken, in den Händen, im Herzen. Caryen versprach ihm in den nächsten Wochen die Lehre Tharons beizubringen, die auch ihm einst geholfen hatte.

18. Februar 99 n.d.F.

Am Ufer, nicht weit von der Strömung, entdeckte Nerestro Unheil. Ein umgestürzter Händlerkarren blockierte den Weg. Aus dem nahen Wald drangen Schreie und ein grässliches Grollen. Als die Gruppe sich näherte, bot sich ein grausiger Anblick: Zwei plumpe, hässliche Hügeltrolle bereiteten einen gefesselten Goblin darauf vor, ihn zu verschlingen.

Ohne zu zögern griffen die Gefährten ein. Selbst als ein dritter Troll sich aus dem Unterholz schob, zeigte sich, wie eingespielt sie inzwischen waren. In einem raschen, harten Gefecht wurden die Ungetüme niedergestreckt. Nur Cameron trug eine schwere Wunde davon – doch Caryens heilende Hände wirkten Wunder. Immer wieder war es erstaunlich, wie mächtig seine Gabe war, vergleichbar nur mit den berühmtesten Heilern Calanors.

Der befreite Goblin stellte sich als Martin vor – ein Händler, der unter Menschen schweres Los trug, jedoch überraschend klug und gemäßigt sprach. Sein wahrer Name ist Martryxyr Polotorvskyr - was aber für Menschen wenig aussprechbar war. So gab er sich den menschenkonformeren Namen Martin. Zwar schauderte er sichtlich vor den Pferden der Charaktere, doch gewann er rasch Vertrauen zur Gruppe, insbesondere zu Andara, der selbst Ausgrenzung kannte. Sie erwarben Martins beste Waren und luden ihn ein, mit der Pegasus zu reisen. Mit ihren Einkäufen konnte er ein neues Geschäft aufbauen – vielleicht in einer Stadt, wo er anders empfangen würde.



Die Pegasus legte wenige Tage später an ihrem Ziel an. Die Gruppe schwang sich auf ihre Pferde und ritt südwärts, dem Weg nach Bingenberg folgend. Zur Rechten erhob sich majestätisch der endlose Grauwald, dessen dunkle Baumkronen wie schweigende Zeugen die Straße säumten.

Nach Tagen erreichten sie Rosenau – ein verlassenes Dorf, über dem eine bedrückende Stille lag. Auf dem Dorfplatz zeichneten zwei gewaltige Brandkreise den Boden, als hätte hier eine gewaltige Explosion stattgefunden. Caryens geübte Augen entdeckten Reste einer zerborstenen Kristallphiole, deren Glas seltsam widerstandsfähig wirkte. Auch feine Metallfäden – Überreste einer Fassung – fanden sich.

In verlassenen Häusern und leeren Scheunen setzten sie mühsam ein Bild zusammen. Vor einem Jahr war eine Druidin namens Delaya aus dem Grauwald erschienen. Sie sprach im Namen der Mutter, eines alten Naturgeistes, der das Land schützen wollte – gegen eine namenlose Bedrohung. Menschen sollten sich ihr anschließen. Doch nicht alle trauten ihr. Der Jäger des Dorfes hatte den Wald erkundet und von Veränderungen berichtet. Grüne Nebel hatten Felder verdorben, Menschen begannen sich seltsam zu verhalten. Manche wandten sich Delaya zu. Was dann geschah, blieb im Dunkel.

Den ganzen Tag suchten sie den nahen Wald nach Spuren ab. Doch es war zu viel Zeit vergangen – der Wind hatte Geschichten verweht, der Regen Spuren fortgespült. Alles deutete auf eine hastige Flucht hin. Keine Seele war mehr zu finden. Also ritten sie ergebnislos weiter Richtung Süden dieser verfluchten Region.

In den verkohlten Trümmern eines niedergebrannten Gehöfts fanden sie Ariana, ein verschrecktes Mädchen. Ihre Eltern hatten sie in den Keller gesperrt, als Wolfsgeheul und krächzende Stimmen durch die Nacht hallten. Danach herrschte nur noch Stille und das Knistern von Feuer. Ihre Tränen und die Leere der Ruine ließen keinen Zweifel – die Eltern waren verschwunden. Die Gruppe nahm sie auf, entschlossen, sie zu ihrem Onkel Alfar an den Forellensee zu bringen.

In dieser Nacht tauchte erneut der schwarze Rabe auf – derselbe, der ihnen schon bei Keldans Hof aufgefallen war. Andara und Nerestro schlichen sich, durch Magie unsichtbar, an. Caryen spielte den Lockvogel. So entdeckten sie drei schwarzen Waldläufer, die mit Hilfe des Raben ihre Spur verfolgten.

Im Kampf fiel nur einer nicht. Beren hieß er – und unter Caryens heilender Hand schloßen sich seine Verletzungen und so begann er zu sprechen. Im Auftrag von Harlunar, ihrem Anführer, und auf Geheiß eines mysteriösen „V“, sollten sie die Gruppe beobachten. Offenbar hatten sie das Interesse mächtiger Kreise geweckt. Berens Überzeugung war aufrichtig – er glaubte, seinem Schwur getreu für das Wohl Calanors zu handeln, genau wie Caryen es für die Kirche tut. Nerestro verhält sich deutlich abweisend ihm gegenüber, aber er schenkt ihm das Leben und lässt ihn laufen. Er kündigte an, Bericht zu erstatten – über alles was geschehen ist und über ihre Suche nach Meneldur. Mit dem Raben verschwand er im Wald. Und im Geist der Gefährten keimte die Sorge um Keldan - die Waldläufer mussten bei ihm gewesen sein. Nur so konnten sie von der Suche nach Meneldur erfahren haben. Was war mit ihm geschehen?



04. März 99 n.d.F.

Bingenberg war in Sicht, doch zunächst wollten die Gefährten Ariana zu ihrem Onkel in Sicherheit bringen. Und so ritten sie an Bingenberg vorbei. Unterwegs rasteten sie in einer Kapelle. Ariana berichtete, dass auch ihre Eltern sich in den letzten Monaten zunehmend unwohl gefühlt hatten. Menschen hätten sich verändert. Gerüchte über Rosenau, über ein furchtbares Monster – gar ein Drache war genannt worden – machten die Runde. Viele hätten gehofft, durch die Stimme der Mutter verschont zu bleiben. Ariana hoffte, dass auch ihre Eltern geflohen waren. Doch diese Hoffnung teilten Caryen, Andara, Nerestro und Cameron in ihren Herzen längst nicht mehr.



In der Ferne entdeckten sie eine Kapelle, bei der sie übernachten wollen. Neben ihr auf einem Hügel steht ein Kreis aus sieben marmornen, Monolithen, die einen achten in der Mitte umgeben. Die sechs Meter hohen Steine sind meisterhaft gearbeitet und mit silbern schimmernden, fremdartigen Runen versehen. Hier ist Andara erneut damit konfrontiert, dass er meint eine Beziehung zu diesen Runen zu haben. Sie schonmal gesehen zu haben oder dass sie zumindest in irgendeiner Form schonmal in seiner Vergangenheit vorkamen. Aber er kann sich nicht daran erinnern.

Im Haus neben der Kapelle stoßen sie überraschend auf Hinweise zu ihrer eigentlichen Mission. Hier lebte offenbar Eladan, der Priester, den sie im Auftrag des Illuminierte suchen sollten. Seine wirren Aufzeichnungen sprechen von der Druidin („die Mutter“), einer Bestie, kleine Dämonen, überall verschwundenen Menschen und merkwürdigen Vorfällen im Land. Eladan vermutete zudem, dass aus einer alten Mine in den Bergen – der Binge, nach der Bingenberg benannt wurde – das Unheil stammt. Er wollte dies Bürgermeister Aldrik Fennar vortragen, um Unterstützung zu erhalten. Aber klar war - sie waren nicht umsonst hierher gekommen. Etwas düsteres ging hier vor sich und sie würden sich dem entgegen stellen. Vermutungen hatten sie. Waren es Goblins die hier einfach nur ihr Unwesen trieben? Aber was hatte es mit dem Monster und dieser Druidin auf sich? Eine unausgesprochene Befürchtung hatten sie alle drei.

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« Letzte Änderung: 6.05.2025 | 20:47 von Namo »

Offline Namo

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Re: [MERS/Rolemaster] Legenden von Calanor
« Antwort #14 am: Heute um 09:56 »
Abend 9 Unter der Erde verborgen - Teil 3

Der Morgen war von einer seltsamen Unruhe durchdrungen, als Andara sich erneut auf den Weg zu dem uralten Monolithenkreis machte. Etwas an den in Stein gehauenen Runen ließ ihn nicht los. Schweigend umrundete er die massiven Steine, ehe sein Blick auf den Monolithen in der Mitte fiel.
Als seine Fingerspitzen sachte die kalte, von Jahrhunderten gezeichnete Oberfläche berührten, durchzuckte ihn plötzlich eine Erinnerung. Er sah sich als Kind im Arbeitszimmer seines Vaters Daeron stehen. Überall lagen verstreute Pergamente, schwere Folianten stapelten sich auf dem Tisch, der Geruch von altem Papier lag in der Luft. Zwischen den Dokumenten sah er dieselbe Rune, die nun im Stein vor ihm eingeritzt war.

»Was ist das für ein Zeichen, Vater?«, hatte er damals gefragt.
Daeron hatte gelächelt. »Das, Andara, ist eine Runenschrift, die ich einst selbst erfunden habe. Sie nennt sich Cirth. Und dieses Zeichen steht für die Zahl Acht.«
Gedankenverloren kehrte Andara danach zu seinem Lagerplatz zurück. Doch seine Konzentration wich ihm an diesem Tag. Sein Verstand – stets seine größte Stärke – schien in den letzten Monaten Risse zu zeigen. Schweigend packte er sein Buch und griff nach dem Stab. Die Gruppe brach auf.

Gegen Mittag erreichten sie eine kleine, windumtoste Fischersiedlung am Ufer, wo Arianas Onkel Alfar lebte. Dieser war sichtlich überrascht, sie zu sehen – und zutiefst besorgt. Seine Schwester Misinde und ihr Mann hatten das Dorf nie erreicht. Ariana hatte bis hierin gehofft, dass sie hierher geflohen waren. Mit ernster Miene wies Alfar ihnen den Weg zum sogenannten Wolfstal, einer alten Mine, die bereits vor der Gründung von Bingenberg bestanden hatte. Doch seit den dunklen Tagen der Araknidenherrschaft wagte sich niemand mehr in die tiefen Höhlen.
Entschlossen zogen sie weiter in die Berge. Bald fanden sie Spuren: verwischte Fußabdrücke von Goblins, aber auch die schwereren Trittspuren von Menschen – und Schleifspuren von Wagen, die hier offenbar öfter entlangkamen. Schließlich öffnete sich vor ihnen ein großes Tal, überragt von zwei steinernen Wölfen, die zu beiden Seiten einer Bergschlucht aus dem Fels gehauen waren. Zwischen ihnen lag ein zerklüfteter Opferplatz, auf dem ein Mann an einen Pfahl gekettet um Hilfe schrie.

Fünf Goblins krochen aus der Schlucht hervor. Die Gruppe griff ein, doch das Gelände war tückisch: Andara rutschte beim Versuch, den Goblins den Weg zu versperren, und Caryen stürzte ebenfalls, als er ihm zu Hilfe eilte. Trotz der widrigen Umstände triumphierten sie im Gefecht. Wenig später drangen sie in die dunkle Mine ein. Ein labyrinthartiges Höhlensystem tat sich vor ihnen auf – die Goblins hatten sich hier häuslich eingerichtet. Sie mieden Kämpfe, wo immer es ging, doch nicht immer ließ sich das verhindern. Erstmals begegneten sie Hobgoblins. Nerestro gelang es sogar, einen riesigen Wolf zu besänftigen und zu befreien – lautlos verschwand das Tier in den Tunnelgängen.



Immer wieder entdeckten sie ausgebaute Kammern, gefertigt mit einer Handwerkskunst, die weit über die Fähigkeiten der Goblins hinausging. In einer davon stießen sie auf den Schatzraum des Stammeshäuptlings. Dort fanden sie die Überreste eines elbischen Kriegers, ein altes Buch in jener rätselhaften Runenschrift die sich auch auf dem Monolithen fanden – und mehrere Feuerbomben. Offenbar waren diese für die Brandkreise in Rosenau verantwortlich. Die Geschichte über die Mutter und die Bestie, die das Land heimsuchte, schien brüchig zu werden. Die Goblins hatten ihre Finger im Spiel.



In einer riesigen Halle tobte ein groteskes Fest. Über vierzig Goblins feierten lärmend zu bizarrer Musik, während ihr Häuptling Burzrum von einer hölzernen Empore aus das Treiben beobachtete. Das Gelage endete abrupt, als ein Höhlendrache erschien. Stolz präsentierte Burzrum ihm vier menschliche Gefangene – doch der Drache zeigte sich unzufrieden. Er verlangte mehr. Mehr Nahrung. Die Helden erstarrten; nie zuvor hatten sie einen Drachen mit eigenen Augen gesehen. Das Geschehen entglitt ihrem Verständnis. Der Drache verschwand mit der Drohung, seine Diener würden sich die restlichen Gefangenen holen.
Kurz darauf erschienen drei düstere Gestalten: es waren Garxx. Sie begannen, die Gefangenen fortzuschleppen. Die Helden zögerten – doch Caryen handelte als Erster. Entschlossen warf er eine Feuerbombe auf die Garxx, Nerestro sandte einen flammenden Pfeil hinterher, und Andara schleuderte eine weitere Bombe in die Menge der Goblins. Die Überraschung war vollkommen. Doch dann verwandelten sich die Garxx – ihr Fleisch zerriss, Chitin brach hervor, und sie nahmen die furchterregende Gestalt von Arakniden an. Zum ersten Mal standen die Helden leibhaftigen Arakniden gegenüber. Zwei Chitinen wie die Kämpferdrohnen einst genannt wurden und ein Araknidendämon, wie die Vermischung aus humanoidem Ober- und Spinnenkörper im Volksmund bezeichnet wurden.

In Panik flohen die Goblins mitsamt ihrem Häuptling. Der Spinnendämon aber sprang auf die Helden zu, während die Chitinen versuchten, ihre Beute fortzuschaffen. Doch trotz seiner gewaltigen Stärke fiel der Dämon unter den konzentrierten Angriffen der Gruppe. Ungläubig starrte er Andara an – einen Elben, der für ihn unverständlich, über mächtige elementare Angriffsmagie beherrschte. Ungläubig erkannte er, dass sterbliche Krieger ihn töten konnten. Und so starb zum ersten Mal seit fast hundert Jahren ein Araknidendämon.
Die Gefangenen wurden befreit, doch einer der Arakniden entkam in die Dunkelheit. In einer weiteren Höhle fanden sie Misinde – eingesponnen von einer gigantischen Spinne. Mehrere vollständig eingesponnene Leiber lagen um sie herum. Caryen hieb dem gefallenen Chitin den Kopf ab und nahm ihn als Beweis mit.
Währenddessen entdeckte Andara, dass Caramon schwer vergiftet war. Er wand sich in tödlichen Krämpfen – doch glücklicherweise besaß Andara noch den Trank der Giftimmunität, den er in Tharven hatte herstellen lassen. Der Zaubertrank rettete Caramons Leben. Und der vermeintliche Drache? Offenbar nur eine Illusion wie sie durch Erforschung der Höhle herausfanden. Eine Illusion um die Hinweise auf die Arakniden zu verbergen und die Menschen zu ängstigen. Doch wer hatte die Illusion gezaubert? Diese Person schien verschwunden - tief unter der Erde verborgen.



Andara schlich ein Stück voraus und warf einen Blick in eine riesige, tieferliegende Höhle. In den Fels gehauene Gebäude zeichneten sich im Dämmerlicht ab – und er sah Schatten von Arakniden, die sich auf ihn zubewegten. Schnell entschied die Gruppe, zu fliehen. Mit Feuerbomben und Brandpfeilen brachten sie den Gang hinter sich zum Einsturz und entkamen mit den befreiten Gefangenen.
Sie kehrten in die Fischersiedlung zurück. Hier wurden sie Zeugen wie ihre Taten vielleicht nicht die Welt veränderten, aber das Leben der einzelnen Menschen in ihr: Ariana und Misinde fielen sich weinend in die Arme. Dankbarkeit und Freude überschatteten alle Worte. Die vier Helden würden hier niemals vergessen werden.
Am nächsten Morgen brachen sie auf und erreichten schließlich Bingenberg. Die kleine Stadt wirkte friedlich – doch ein unsichtbarer Schatten der Angst lag über ihren Bewohnern. Sie sprachen mit Bürgermeister Aldrik Fennar und seinem Bruder Anders, dem Kommandanten der Stadtwache. Anfänglich begegneten beide den Fremden mit Misstrauen. Doch als die Gruppe berichtete, dass der Fluch der Mutter gebrochen sei, und den abgetrennten Kopf eines Arakniden präsentierte, wandelte sich ihre Haltung. Hoffnung keimte auf – Hoffnung auf ein Ende der Schatten, auf eine neue Zukunft.

Und doch – Nerestro und Caryen bemerkten ein flüchtiges Zucken in Anders Fennars Augen, als sie von den Arakniden sprachen. Was mochte dies bedeuten?
Aldrik jedoch war überzeugt. Zum Dank überreichte er ihnen eine Belohnung. Sein Angebot, in Bingenberg zu bleiben, schlugen die Gefährten aus. Noch immer trieb sie die Unruhe weiter – für jede beantwortete Frage taten sich zwei neue auf.
Doch eines stand fest: Sie hatten einen gewaltigen Schritt getan. Zum ersten Mal hatten sie unzweifelhaft Arakniden enttarnt. Was einst nur eine vage Befürchtung gewesen war, war nun blutige Wirklichkeit geworden. Bruchstückhaft konnten sie sich zusammenreimen was hier geschehen war. Die Arakniden hatten ein Theater aus Illusionen und Angst erschaffen um sich der Leiber vieler Menschen zu ermächtigen.  Doch wozu? Mit Gänsehaut sprachen sie die Worte: Sie müssen fressen. Ihre Kinder nähren! Wie einst, als die Menschen nichts weiter wie wandelnde Nahrung für das Araknidenvolk waren.

14. März
Die Gruppe erreicht die Pegasus und alle freuen sich, Yoris und Martin wiederzusehen. Nach Wochen voller Gefahren, Schatten und ungewisser Wege fühlt sich das Wiedersehen beinahe wie Heimkehr an. Die beiden Schiffsleute empfangen sie mit festem Händedruck und herzlichen Worten. Es dauert nicht lange, bis sie die Segel setzen und Kurs auf Cymril nehmen.
In Cymril angekommen, bewundern Caryen und Nerestro den endlosen Blick über das Meer. Die salzige Luft, das Kreischen der Möwen und das rhythmische Rauschen der Wellen sind für sie, die ihr Leben lang im Herzen Calanors verbracht haben, ein vollkommen neuer Anblick. Fast ehrfürchtig stehen sie am Hafen und lassen den Blick schweifen. Doch die Freude über die Weite wandelt sich, als sie am Horizont den dunklen, flimmernden Schleier entdecken. Wie eine unheilvolle Narbe hängt er über dem Wasser, ein Schatten, der auch ihr Herz beschwert und Calanor vom Rest der Welt trennt. Andara jedoch mahnt zur Eile. Es gilt, die Magierakademie zu finden — verborgen in den Bergen nahe der Küste.

Der Weg führt sie durch steile Pässe und enge Waldpfade, bis sie ein verborgenes Tal erreichen. Dort liegt die Akademie. Für Andara ist es ein Ort, der Erinnerungen weckt. Ruhe senkt sich über ihn — hier war er Schüler, hier fand er Heimat und Anerkennung. Als sie an den steinernen Toren ankommen, begrüßt sie Camlost, ein alter Diener der Akademie. Sein freundliches, vom Alter gezeichnetes Gesicht hellt sich auf, als er Andara erkennt. Mit einer Verbeugung bittet er sie, ihm zu folgen. Die Gruppe wird in ein holzvertäfeltes Besprechungszimmer geführt, das von warmem Kerzenlicht erhellt wird.

Während sie auf Malfar warten, schweift ihr Blick durch den Raum. An einer der Wände hängt eine großformatige Karte Calanors. Mit feinen Linien und sorgsam gesetzten Markierungen ist der Schleier eingezeichnet; daneben kleben Notizen, handschriftlich verfasst. Es ist offensichtlich, dass Malfar sich intensiv mit den Geschehnissen im Land auseinandersetzt. Andara erkennt einmal mehr die Rastlosigkeit seines Meisters — stets auf der Suche nach uralter Magie, getrieben von der Hoffnung, einen Weg in den Norden und zu den Ländern jenseits des Schleiers zu finden.
Über dem Kamin hängen zwei schwarze, gebogene, Schwerter, deren Klingen matt glänzen. In den Klingen sind uralte Runen eingraviert. Andara kennt die Worte: „Für die Ehre von Haus tra'Keel“. Doch welche tiefere Bedeutung sie tragen, darüber hat sein Meister nie gesprochen. Geheimnisse umgaben Malfar schon immer, ähnlich wie Andara selbst sie hütet.
Die schwere Holztür öffnet sich und Malfar betritt den Raum. Er begrüßt Andara herzlich, die Umarmung zwischen Meister und Schüler ist voller Vertrautheit. Nerestro, Caryen und Cameron jedoch stockt der Atem, als sie den Elben sehen: dunkler Teint - jetzt durch das Licht der Fackeln eher grau wirkend - und silberweißes, langes Haar. Eine Aura aus Weisheit und einer ungewohnten Fremdartigkeit umgibt ihn, wie sie es noch nie erlebt haben. Er bewegt sich mit kühler Eleganz.

Malfar mustert die Freunde Andaras mit einem prüfenden Blick, dann neigt er leicht das Haupt um sie zu begrüßen.



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