Guter Tipp. Oder? Die Frage ist, in welchem Umfang das so möglich ist.
Dass wir einen Überhang an SLs hier im Tanelorn haben, ist schon wenig verwunderlich. Aber ich denke gerade darüber nach, was so Faktoren sind, die in die Frage reinspielen.
Meine These: Es war nie so leicht wie heutzutage, Rollenspiel zu spielen - wenn man sehr flexibel ist.
Die Frage, wie leicht ich als Spielerin oder als Spieler in einer Runde mitspielen kann, hängt von vielen Faktoren ab, die ich mal mehr, mal weniger beeinflussen kann. Ich nenne sie jetzt mal - in Ermangelung einer besseren Möglichkeit - stabile Faktoren und Präferenzen.
Stabile Faktoren sind solche, die ich wenig beeinflussen kann.
- Berufliche Verpflichtungen. Ich kann als Schichtarbeiter schwerer einen regelmäßigen Montags-Termin wahrnehmen, wenn ich die Hälfte der Zeit Schichtdienst habe, als wenn ich - beispielsweise - einen sehr strukturierten Job habe, bei dem ich weiß, dass ich im Normalfall zu einer gewissen Zeit Feierabend habe. Habe ich viele Dienstreisen und bin dann immer wieder in verschiedenen Zeitzonen oder habe ich viele Abendtermine?
- Familiäre Verpflichtungen. Kinder, Pflege, Arbeitszeiten von Partner/innen und Co schränken meine Freizeit natürlich stark ein und bieten mir zum Teil wenig Flexibilität. Vor allem schränkt das auch die Verfügbarkeit von gewissen Uhrzeiten ein, sicher auch die Länge der Sessions.
- Wohnlage. In Bevölkerungsdichten Gebieten finde ich leichter Mitspieler/innen und bin auch flexibler, was die Distanzen angeht. Ich wohne beispielsweise mindestens eine Stunde von vielen Mitspielenden weg - das schränkt ein, wenn man Anfahrtszeiten berücksichtigen muss.
- Anderes Engagement. Habe ich darüber hinaus Verpflichtungen, die ich wahrnehmen muss? Das ist natürlich nicht so fix, wie die anderen Elemente, aber wenn ich neben dem Rollenspiel noch der Kassenwart des Kaninchenzüchtervereins bin, habe ich eben auch Verantwortung übernommen, die ich wohl dann oftmals höher priorisieren muss.
- Krankheiten bzw. Behinderungen. Bin ich sozial oder körperlich eingeschränkt, so dass ich eine spezifische Gruppe brauche, zu der ich lange Vertrauen aufgebaut habe oder bin ich körperlich einfach nicht so mobil wie andere Personen so dass ich spezifische Orte benötige zum Spielen (Barrierefreiheit)?
- Sprache. Wenn ich nur auf Deutsch spielen kann, ist das Angebot für Runden natürlich kleiner als wenn ich auch Spiele auf Englisch oder Spanisch oder whatever mit berücksichtige.
Es macht eigentlich keinen Sinn, sich darüber groß zu beschweren - das ist halt so, wie es ist. Ich kann bei familiären Verpflichtungen sicher verhandeln (ich hab meinen Rollenspielsonntag, dafür nehme ich die Kinder den ganzen Samstag und du hast frei), aber das ist sehr individuell und auch von vielen Faktoren abhängig. Das mag mal leichter, mal schwerer sein. Ich kann das als Antrieb nehmen, mein Englisch aufzupolieren, aber es wird nicht schnell gehen. Diese Faktoren muss man aus meiner Sicht zu einem gewissen Grad einfach akzeptieren und dann darum herum planen.
Spielpräferenzen sind solche, die ich beeinflussen kann und die in meinen Augen einen sehr hohen Einfluss darauf haben, ob ich in einer Runde mitspielen kann.
- Online vs. Offline. Wenn ich nur offline spielen will, dann werde ich sicherlich weniger Angebot haben als durch online-Runden.
- Freunde vs. Fremde. Will ich mit meinen Freunden spielen oder bin ich offen, auch mit Fremden zu spielen?
- Kampagne vs. Fewshots/One-Shots. Wie wichtig ist es mir, dass ich mit derselben Runde lange Kampagnen spiele?
- Systempräferenz. Ich gehe davon aus, dass es auf Discord und anderen Gruppen mehr Runden für die Mainstream-Systeme (D&D, Pathfinder, DSA, Free League Spiele) gibt als Angebote zu sehr speziellen Indie-Systemen.
- Bin ich bereit, zu zahlen? Klar, kann ich ablehnen, aber wenn es mir egal ist und ich es mir leisten kann, dann sind bezahlte GMs eine Möglichkeit, in einer Runde mitzuspielen.
Dies sind Faktoren, die ich beeinflussen bzw. abwägen kann. Je eingeschränkter ich im Bereich der externen Faktoren bin, desto flexibler werde ich bei diesen Spielpräferenzen sein müssen, wenn ich Spielen will. Bin ich bei externen Faktoren stark eingeschränkt und will nicht online spielen und auch nicht D&D? Dann muss ich mich einfach fragen, wie wichtig mir das Spielen letztendlich ist.
Die Liste ist sicher nicht erschöpfend, da geht noch mehr, und sie ist erst einmal rein deskriptiv. Nicht alle Faktoren haben denselben Einfluss. Vielleicht ist es auch Grütze, who knows?
Es gibt natürlich keine Garantien, dass man eine Runde findet, ich denke aber dennoch, dass mit einer gewissen Flexibilität (und Geduld) Spielen kann. Das Angebot ist da und es ist aus meiner Sicht mehr als je zuvor, einfach, weil man sich via Discord und Co leichter vernetzen kann. Es gibt viel, es ist vielleicht aber nur nicht das, was alle meine Spielpräferenzen abdeckt. Und dann ist es am Ende auch eine Frage der Priorisierung, was mir wichtiger ist.
Es soll nicht dazu dienen, dass man am Ende "git gud" sagt, jeder ist selbst Schuld, wenn er oder sie keine Runde findet. Manchmal sind die stabilen Faktoren so einschränkend, dass man selbst bei vollkommener Flexibilität in Sachen Spielpräferenzen Probleme hat.
In solchen Fällen ist die Übernahme der Spielleitung dann sicherlich ein guter Ansatz :-)