Autor Thema: [PbtA] Kritik und Remmidemmi  (Gelesen 23086 mal)

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eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #50 am: 13.11.2017 | 15:52 »
Falls das Bezug auf meinen letzten Post nehmen sollte: ich hab überhaupt nichts gegen spielleiterlose Spiele. Ich mag sie gerne. Aber PbtA, Fate etc. sind ja nicht per definitionem SL-lose Spiele?
Was ich nicht mag ist die Art und Weise, sind die Mechanismen, die die SL in den meisten populäreren forgistischen "entmachten" oder die Spieler "empowern" sollen, weil sie die Aufmerksamkeit nämlich gar nicht so sehr auf die Charaktere oder die Geschichte lenken, sondern letztlich mehr auf Ressourcenmanagement und MetaNismen. Beispiel "The Sprawl": reihenweise Binsenweisheiten, Plattitüden und Vorschriften/Mechanismen, wie man am Spieltisch miteinander umzugehen habe oder aber als SL seine Welt verwalten müsse. Nichts Neues. Nichts, womit ich mich am Spieltisch aktiv beschäftigen will. Und sich dabei als System noch so hart selbst feiern.

Edit: bezog sich auf Chiarinas Post...

« Letzte Änderung: 13.11.2017 | 15:54 von HEXer »

Deep_Impact

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #51 am: 13.11.2017 | 15:58 »
Beispiel "The Sprawl": reihenweise Binsenweisheiten, Plattitüden...

Kannst du das etwas konkretisieren?

eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #52 am: 13.11.2017 | 16:02 »
@Hexer:
Und mit was außer einem Schulterzucken soll ich jetzt mit meinem Vierteljahrhundert in klassischen RPGs prä-Fate und Spielern, die zwei Jahre jünger und zehn Jahre älter als deine Alterskohorte antworten? Uhuhuh, jetzt habe ich die dickeren Gonaden? Geschenkt, so wird das kein produktives Gespräch.

Das war nicht als Testikel-Vergleich beabsichtigt. Wollte damit lediglich sagen, dass man meiner Erfahrung nach gar nicht so negativ von den durchschnittlichen Spielern denken muss und dass sich Player Empowerment wunderbar selbst regelt und nicht geregelt bzw. ver-regelt werden muss. Das schaffen die auch so.

Kurzum: Es klappt bei dir nicht. Schade. Wirklich. Aber deshalb ist das Spiel nicht gleich für alle doof.

Nein, natürlich nicht. Ich lege ja auch lediglich dar, warum solche Spiele nichts für mich sind.

...mit Beispielen und Argumenten, auf die du noch nicht eingegangen bist, übrigens. So wird das dann erst recht kein Produktives Gespräch.

Und nebenbei bemerkt ist der Thread ja extra dafür gedacht, negative Eindrücke und Meinungen darzustellen. Der Fanboy-Thread ist nebenan... ;)
« Letzte Änderung: 13.11.2017 | 16:05 von HEXer »

Offline Chiarina

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #53 am: 13.11.2017 | 16:04 »
Zitat
[...] ich hab überhaupt nichts gegen spielleiterlose Spiele. Ich mag sie gerne. Aber PbtA, Fate etc. sind ja nicht per definitionem SL-lose Spiele? Was ich nicht mag ist die Art und Weise, sind die Mechanismen, die die SL in den meisten populäreren forgistischen "entmachten" oder die Spieler "empowern" sollen, weil sie die Aufmerksamkeit nämlich gar nicht so sehr auf die Charaktere oder die Geschichte lenken, sondern letztlich mehr auf Ressourcenmanagement und MetaNismen.

Äh... ich dachte, wir hätten gerade geklärt, dass pbta-Spiele den Spielleiter nicht entmachten. Ich jedenfalls sehe relativ viel Macht beim "Apocalypse World" Spielleiter.
Spielleiterlose Rollenspiele allerdings, die entmachten den Spielleiter! Ziemlich radikal sogar!
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Chruschtschow

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #54 am: 13.11.2017 | 16:23 »
...mit Beispielen und Argumenten, auf die du noch nicht eingegangen bist, übrigens. So wird das dann erst recht kein Produktives Gespräch.

Klar habe ich eine andere Position bezogen. Stichwort Werkzeuge. Ich hätte es natürlich länger ausführen können. ;) Letztlich geht es nur darum, dass ich mir all den Kram als Kreativmittel schnappe, Spotlightverteilung ein bisschen automatisiere, Pacing etwas straffe oder was auch immer die einzelne Mechanik tun soll. Zwangsmittel? Klappt eh nicht und war nie eine brauchbare Kategorie. Hilfsmittel? Kreativmittel? Klar.

Und "überflüssig" ist als Argument in einem Hobby irgendwie nicht so richtig zugkräftig. Das ist per se überflüssig.

Das heißt natürlich ebensowenig, dass ptbA absolut unkritisierbar ist. Mein Ding ist der geringe Einfluss auf Erfolgschancen. Da beutelt es mich. ;)
« Letzte Änderung: 13.11.2017 | 16:30 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #55 am: 13.11.2017 | 16:47 »
@Chiarina:

Ich sagte ja auch nicht, dass ich gegen das Entmachten bin, sondern gegen die Art und Weise wie dies oft geschieht. Und ich schrieb nicht "entmachten und Emporen", sondern "oder empowern". Was ich damit (vielleicht nicht ganz eindeutig) sagen wollte ist, dass mich Meta-Mechanismen die das Miteinander der Spieler und Spielleiter regeln sollen, am Spieltisch stören. Dazu gehört neben Dingen, die in Fate vordergründiger sind, als in PbtA, eben auch Dinge wie Fraktions- NPC- und Settingsgebastel, wie es in PbtA Spielen anscheinend häufig vorkommt.

@Deep Impact:

Geht los mit S. 2:

"WHY PLAY THE SPRAWL?"
Zitat
WHY PLAY THE SPRAWL?
»» Play The Sprawl if you want to play to find out what happens in a neon and
chrome cyberpunk future
»» Play The Sprawl if you want to create a story about badass professionals living
outside the law
»» Play The Sprawl if you want to struggle against The Man
»» Play The Sprawl if you want to win sometimes, lose sometimes and be
double-crossed a lot

Ich modifiziere das mal:

WHY PLAY SHADOWRUN?
Zitat
Zitat
WHY PLAY SHADOWRUN?
»» Play Shadowrun if you want to play to find out what happens in a neon and
chrome cyberpunk future
»» Play Shadowrun if you want to create a story about badass professionals living
outside the law
»» Play Shadowrun if you want to struggle against The Man
»» Play Shadowrun if you want to win sometimes, lose sometimes and be
double-crossed a lot

Geht weiter mit S.11: AGENDA & PRINCIPLES
Zitat
»» Make The Sprawl dirty, high-tech and excessive
»» Fill the character’s lives with action, intrigue and complication
»» Entangle the characters in The Sprawl
»» Play to find out what happens

Ein Glück, dass ich das Gelesen hab. Ich hab Shadowrun immer gemäßigt, low-tech und klinisch rein dargestellt. Außerdem habe ich die SC immer mit alltäglichen Dingen wie Klogehen und Brille Putzen beschäftigt, und nie ging was schief oder sie wurden reingelegt. Und in das Setting waren sie eh nie verwickelt. Außerdem war immer vorher ganz klar, was im Laufe des ABenteuers passieren würde - und das Endergebnis sowieso.  ::)

Oder auf S. 12:
Zitat
»» Chrome everything, then make it dirty
»» Begin and end with the fiction
»» Address the characters, not the
players
[...]
»» Ask questions and incorporate the
answers
»» Name everyone
»» Make everything Corporate
»» Make everything personal; complicate
everything
»» Treat your NPCs like disposable assets
»» Think offscreen
»» Be a fan of the characters


Nee, ich spiele immer nur mit SCs die ich als SL total langweilig finde. Und alles, was sie machen ist sowieso doof. Meine NSC haben NIE Namen und ich nenne IMMER nur die Spielernamen, nie die Charakternamen. Und meine NSCs sind immer viel geiler und wichtiger. Und ich lasse die Spieler immer am Anfang und Ende würfeln und quetsche nur notdürftig diese nervigen Story-Elemente zwischen die coolen Würfelwürfe.

Oder S. 17 bei den Tags:
Zitat
This applies to the MC as well. If a character is +hunted, you have a fictional
justification (actually a responsibility!) to have her pursuers appear in your story hot
on her trail.

Ach so! Einen gejagten Charakter sollte ich als SL jagen...? Mensch, hätte mir das einer vorher gesagt!

Übrigens: Ein "MC" ist sowas hier:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Muss ich unbedingt ncoh weiter machen?

Meine Lieblingsseite ist übrigens Seite 19 (27 PDF).

Offline rockston

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #56 am: 13.11.2017 | 16:51 »
Eieiei, das liest sich aber ganz schön aufgewühlt! Immer dran denken, das ist nur ein Rollenspielbüchlein.

Was ich nicht mag ist die Art und Weise, sind die Mechanismen, die die SL in den meisten populäreren forgistischen "entmachten" oder die Spieler "empowern" sollen, weil sie die Aufmerksamkeit nämlich gar nicht so sehr auf die Charaktere oder die Geschichte lenken, sondern letztlich mehr auf Ressourcenmanagement und MetaNismen.
Wenn du jetzt über Fate reden würdest würd ich das verstehen, aber PbtA Spiele sind gerade für die Spieler ziemlich typische, traditionelle Rollenspiele (Stichwort Actor-Stance). Besonders viel Macht in der Erzählweise haben die Spieler von Haus aus auch nicht, wenn man davon absieht, dass man bei manchen Moves auswählen kann, mit welchen Konsequenzen man konfrontiert werden will. Ansonsten hängt "wie üblich" viel vom MC ab.
Viele Metaressourcen gibt's auch nicht außer Hold, und das bleibt ja meistens auch nur ne Szene lang bestehen. 

Auf welches Ressourcenmanagement und Metagezeugse beziehst du dich im Speziellen?

Beispiel "The Sprawl": reihenweise Binsenweisheiten, Plattitüden und Vorschriften/Mechanismen, wie man am Spieltisch miteinander umzugehen habe oder aber als SL seine Welt verwalten müsse. Nichts Neues. Nichts, womit ich mich am Spieltisch aktiv beschäftigen will.
Moment, wenn du dich am Tisch nicht damit beschäftigst, wie man mit anderen Menschen umgeht oder die Welt verwaltet... was machst du dann genau?


/EDIT: und wenn wir schon ganz unsachlich und pampig werden wollen, das sagt Wikipedia zum Master of Ceremonies: "A master of ceremonies (also known as an MC or emcee) is the official host for a staged event, performance, or party."

Klingt doch gar nicht so unpassend, oder? "Gamer Master" ist ja auch schon ein fragwürdiger Begriff.

Offline LushWoods

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #57 am: 13.11.2017 | 18:35 »
Was ich bei den Kritikern hier u.a. herauslese:

Fehlende Regelkenntnis/Spielekenntnis und dadurch Treffen von Falschaussagen.
Merkbar keine Spielerfahrung.
Missverstehen einiger pbtA-Ziele (z.B. die Sache mit dem Player Empowerment; auch nicht das Gegenteil übrigens, pbtA setzt sehr viel Vertrauen zwischen Spieler und MC voraus).
Schwer nachvollziehbarer Groll.
Nichtverstehen das sehr vieles optional gedacht ist, auch wenn es nicht explizit erwähnt wird.

Außerdem: Ich hab das oben schon mal versucht mit der Kuchenmetapher auszudrücken ... einige hier versuchen auch irgendwie mit Gewalt etwas in pbtA reinzuinterpretieren was da eigentlich nicht hingehört (Stichworte "taktische" Kämpfe oder "Allheilmittel").

Wie ich in dem anderen Thread schon beschrieben habe, hab ich's anfangs auch nicht kapiert. Erst mit dem Spielen bzw. Leiten selber hat es wirklich Klick gemacht.
Und die pbtA Sachen werden bei mir sicher nie traditionellere Rollenspiele ersetzen, aber sehr schön vervollständigen und für Abwechslung sorgen.

Offline YY

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #58 am: 13.11.2017 | 18:38 »
Eine System wie D&D oder Shadowrun könnte man vorwerfen, dass die Spieler der Willkür oder der Fiktion der SL ausgeliefert sind, ob diese gerade Bock hat, dass etwas passiert und was das sein soll. ("Ihr schlagt den Nachtwächter nieder? Ich denke ein Sechs-Mann-Einsatztrupp mit Panther-Sturmkanonen landet gerade mit seinem Hoverpanzer...")

Das ist ja z.B. in The Sprawl nur dahingehend anders, dass mir zwar ziemlich genau gesagt wird, wann so etwas passiert, aber nicht was genau. Dort ist dann auch nur die Rede von einer diffusen Reaktion des Konzerns und ich bin im Grunde genau so nass wie vorher in Shadowrun.
Mit dem neu eingehandelten Umstand, dass ich das dann ignorieren muss, wenn es mir gerade nicht passt, wo ich es in anderen Systemen einfach gar nicht erst aufgebracht hätte.

Also ja, das ist ganz klar eine Geschmacks- und Stilfrage - und für mich ist das halt entweder zu wenig Spielmechanik oder in dieser Form an der falschen Stelle.

Zu den Clocks: Die sind ebenfalls absolut optional. Im Prinzip stellen sie Dinge grafisch dar die ich mir bei anderen Spielen in meinen Notizen in Sätzen festhalte. Eigentlich auch nur ein alternativer Vorschlag seine Notizen zu verwalten.

Kann auch an meinem Leseverständnis liegen. Die pbtA-Spiele und speziell The Sprawl kommen mir in diesen Dingen halt extrem mechanisiert vor und ich wüsste auch nicht, dass das irgendwo als Verwaltungsvorschlag o.Ä. bezeichnet wird. Bei mir kommt das eben als "so isses, genau so wirds gemacht" an.
Das ist zwar insofern sympathisch, weil ein System schon wissen sollte, wo es mit seinen Regeln hin will, aber von dieser enormen Genre- und Narrationsfixierung bleibt dann in der Praxis nicht so viel übrig, wie ich mir beim Lesen vorstelle.

Und andersrum kann ich gerade, wenn das keine so harte Regel ist, Hexers Eindruck von der Selbstbeweihräucherung um so besser nachvollziehen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Ucalegon

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #59 am: 13.11.2017 | 19:05 »
Kann auch an meinem Leseverständnis liegen. Die pbtA-Spiele und speziell The Sprawl kommen mir in diesen Dingen halt extrem mechanisiert vor und ich wüsste auch nicht, dass das irgendwo als Verwaltungsvorschlag o.Ä. bezeichnet wird. Bei mir kommt das eben als "so isses, genau so wirds gemacht" an.
Das ist zwar insofern sympathisch, weil ein System schon wissen sollte, wo es mit seinen Regeln hin will, aber von dieser enormen Genre- und Narrationsfixierung bleibt dann in der Praxis nicht so viel übrig, wie ich mir beim Lesen vorstelle.

Und andersrum kann ich gerade, wenn das keine so harte Regel ist, Hexers Eindruck von der Selbstbeweihräucherung um so besser nachvollziehen.

In AW ist das noch einfach. Wenn du als SL lustig bist, disclaim decision-making. Die clock ist eine Möglichkeit, das zu tun mit dem Hintergedanken:
Zitat
This leaves it in your hands, but gives you a considered and concrete plan, instead of leaving it to your whim.

Wie man die clocks in The Sprawl weglassen soll, sehe ich dagegen nicht. Bei solchen Moves:
Zitat
7-9: you get the evidence, but tip your hand to someone implicated in
your story; tell the MC which clock to advance: a relevant Corporate Clock,
the linked Noise Clock or the relevant Mission Clock (Legwork or Action,
depending on which phase of the current mission you’re in)

alexandro

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #60 am: 13.11.2017 | 19:38 »
Und die pbtA Sachen werden bei mir sicher nie traditionellere Rollenspiele ersetzen

Ebenso.

Wobei: Erzählspiele werden sie bei mir auch nicht ersetzen, denn da gibt es einfach zu viele, die (für mich) besser funktionieren und nicht so auf "SL-Show" aufbauen. Evtll. könnte pbta etwas für Settingporno-Runden sein, wo der SL den Spielern eine "schöne Geschichte" präsentiert, sie das Setting kennenlernen lässt und ihnen innerhalb dieser begrenzte Handlungsautonomie gibt  - so etwas geht im Erzählspiel nicht (sofern nicht alle Spieler das Setting gut kennen und auch sonst "auf einer Linie" sind), bei pbta könnte es funktionieren (nicht umsonst basieren die DSA-Erzählregeln darauf).
« Letzte Änderung: 13.11.2017 | 20:17 von alexandro »

Offline rockston

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #61 am: 13.11.2017 | 19:59 »
Was ich bei den Kritikern hier u.a. herauslese:

Fehlende Regelkenntnis/Spielekenntnis und dadurch Treffen von Falschaussagen.
Merkbar keine Spielerfahrung.
Missverstehen einiger pbtA-Ziele (z.B. die Sache mit dem Player Empowerment; auch nicht das Gegenteil übrigens, pbtA setzt sehr viel Vertrauen zwischen Spieler und MC voraus).
Schwer nachvollziehbarer Groll.
Nichtverstehen das sehr vieles optional gedacht ist, auch wenn es nicht explizit erwähnt wird.

Außerdem: Ich hab das oben schon mal versucht mit der Kuchenmetapher auszudrücken ... einige hier versuchen auch irgendwie mit Gewalt etwas in pbtA reinzuinterpretieren was da eigentlich nicht hingehört (Stichworte "taktische" Kämpfe oder "Allheilmittel").

Wie ich in dem anderen Thread schon beschrieben habe, hab ich's anfangs auch nicht kapiert. Erst mit dem Spielen bzw. Leiten selber hat es wirklich Klick gemacht.

Yep. Was ich immer wiederhole ist, dass die ersten Sitzungen die ich mit PbtA-Spielen geleitet hab schlichtweg schlecht waren. Hab das Spiel nicht verstanden, dementsprechend konntens auch die Spieler nicht verstehen, und das Ganze lief einfach nicht. Hab mir da natürlich auch gedacht "warum wird das denn für so gut befunden?" – und mir dann aber auch die Mühe gemacht, es herauszufinden. Wenn man offen und interessiert an die Sache rangeht, das Regelbuch wirklich liest und nicht einfach überfliegt, und sich vielleicht noch ein zwei Actual Plays anhört, versteht mans früher oder später, und dann ist es bombig. Wenn man keinen Bock drauf hat, bringt einem all das natürlich auch nichts.

eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #62 am: 13.11.2017 | 20:15 »
Oder aber schlicht: Mene mene tekel u-parsin...

Offline achlys

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #63 am: 13.11.2017 | 20:23 »
Ich habe The Sprawl noch nicht, gehe daher mal von AW aus, was aber ähnlich ist.
Geht los mit S. 2:

"WHY PLAY THE SPRAWL?"
Ich modifiziere das mal:

WHY PLAY SHADOWRUN?

Geht weiter mit S.11: AGENDA & PRINCIPLES
Ein Glück, dass ich das Gelesen hab. Ich hab Shadowrun immer gemäßigt, low-tech und klinisch rein dargestellt. Außerdem habe ich die SC immer mit alltäglichen Dingen wie Klogehen und Brille Putzen beschäftigt, und nie ging was schief oder sie wurden reingelegt. Und in das Setting waren sie eh nie verwickelt. Außerdem war immer vorher ganz klar, was im Laufe des ABenteuers passieren würde - und das Endergebnis sowieso.  ::)
Diese Infos findest Du auch in jeder beliebigen Settingbeschreibung mit jeder Menge Top Down- und In Character Beschreibungen drumherum. Das ist zwar schön zu lesen aber für das Spiel bei einer Bottom Up Methode (wie bei AW, The Sprawl und anderen pbtA) nicht nötig. Bei The Sprawl ist es auf das Wesentliche eingedampft, sodass den restlichen Fluff von den Spielern abgesteckt werden muss.  Wie Du hier herausgefunden hast, sind sich SR und The Sprawl scheinbar sehr ähnlich, nur ohne Fantasy bei The Sprawl.
Bei AW hatte ich (als SL) die Agenda und Principles immer neben mir liegen. Die kurzen Sätze helfen mir, das Wesentliche im Blick zu behalten.

Oder auf S. 12: 

Nee, ich spiele immer nur mit SCs die ich als SL total langweilig finde. Und alles, was sie machen ist sowieso doof. Meine NSC haben NIE Namen und ich nenne IMMER nur die Spielernamen, nie die Charakternamen. Und meine NSCs sind immer viel geiler und wichtiger. Und ich lasse die Spieler immer am Anfang und Ende würfeln und quetsche nur notdürftig diese nervigen Story-Elemente zwischen die coolen Würfelwürfe.
Auch hier: das sind klare SL-Tipps auf das Wesentliche eingedampft. Es freut mich, dass Du das wie selbstverständlich kannst und immer machst. Ich nicht. Die Richtlinien helfen mir aber dabei. Und ich empfinde sie tatsächlich nicht als Gängelung. Wenn ich es für total unsinnig erachte, der Klofrau einen Namen zu geben, dann lass ich es auch. Bin ich jetzt ein schlechter SL, weil ich mich über die Regeln hinweg setze? Sind die Regeln schlecht, weil sie Relevantes auf den Punkt bringen? Auch diese SL-Tipps werden doch im entsprechenden Kapitel häufig ähnlich (oder auch nicht, je nach Präferenz des Systems) mit vielen Worten aufbereitet. Hier hast Du sie in einer klaren, kurzen Liste.

Oder S. 17 bei den Tags:
Ach so! Einen gejagten Charakter sollte ich als SL jagen...? Mensch, hätte mir das einer vorher gesagt!
In AW sind diese Tags teils kaum beschrieben, sondern sind selbsterklärend. Da mein Englisch zwar passable ist, aber mir die spezielle Sprache von AW schon zu schaffen macht, wäre ich manchmal ganz froh, wenn die Tags hin und wieder mit mehr als einem Satz oder Phrase beschrieben werden würden. Das macht The Sprawl offensichtlich anders. Gut so.

Offline Ginster

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #64 am: 13.11.2017 | 20:30 »
Die Selbstverliebtheit von pbtA-Spielen stört mich manchmal schon. Und Dinge wie Agenda und Prinzipien mag man als überflüssig empfinden. Betrachte ich aber rückblickend die letzten 2-3 SL bei denen ich (andere Systeme) gespielt habe, dann hätte ich mir gewünscht, sie hätten diese Dinge gekannt.

Achamanian

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #65 am: 13.11.2017 | 20:30 »
Ich verfolge die Diskussion mit Interesse, kann aber aufgrund meiner geringen Erfahrung mit pbtA-Systemen nicht gut mitreden - ich war bisher ein paarmal Spieler als One-Shot und habe da alles von Everything-Goes-Everything-on-the-Fly-Gonzo bis zu ganz klassischem "Mach mal eine KO-Probe, um der Gefahr zu trotzden, das Bewusstsein zu verlieren", wo der SL dann nach den Proben erzählt, was passiert ist, erlebt ... fand allerdings beide Erfahrungen recht angenehm, weil das System von Spielerseite zumindest kaum im Weg steht.

Interessant finde ich, dass das hier ein Aufreger für dich ist, HEXer:

"WHY PLAY THE SPRAWL?"
Ich modifiziere das mal:

WHY PLAY SHADOWRUN?

Geht weiter mit S.11: AGENDA & PRINCIPLES
Ein Glück, dass ich das Gelesen hab. Ich hab Shadowrun immer gemäßigt, low-tech und klinisch rein dargestellt. Außerdem habe ich die SC immer mit alltäglichen Dingen wie Klogehen und Brille Putzen beschäftigt, und nie ging was schief oder sie wurden reingelegt. Und in das Setting waren sie eh nie verwickelt. Außerdem war immer vorher ganz klar, was im Laufe des ABenteuers passieren würde - und das Endergebnis sowieso.  ::)

Oder auf S. 12: 

Nee, ich spiele immer nur mit SCs die ich als SL total langweilig finde. Und alles, was sie machen ist sowieso doof. Meine NSC haben NIE Namen und ich nenne IMMER nur die Spielernamen, nie die Charakternamen. Und meine NSCs sind immer viel geiler und wichtiger. Und ich lasse die Spieler immer am Anfang und Ende würfeln und quetsche nur notdürftig diese nervigen Story-Elemente zwischen die coolen Würfelwürfe.

Oder S. 17 bei den Tags:
Ach so! Einen gejagten Charakter sollte ich als SL jagen...? Mensch, hätte mir das einer vorher gesagt!

Übrigens: Ein "MC" ist sowas hier:
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Muss ich unbedingt ncoh weiter machen?


So was finde ich ehrlich gesagt sehr nützlich und in den von dir zitierten Formulierungen auch prägnant: Sich einfach noch mal bewusst machen, was man über's Spielen eh weiß, es aber vielleicht nicht immer ausreichend auf dem Schirm hat. Und es nebenbei auch den paar Leuten sagen, die es vielleicht noch nicht aus Erfahrung wissen. Viel zu viele Spiele leisten das nicht oder schlecht (mir fällt da wieder FantasyAge ein, das ein schönes System ist, aber viele Seiten auf die Erörterung von Problemspielertypen verschwendet, die in meinen Augen in der Praxis ziemlich nutzlos ist und eine zutiefst negativistische Perspektive vermittelt).

Ich lese DungeonWorld derzeit durchaus mit Vergnügen (und finde übrigens nach wie vor, dass die OSR-Parallele, die ich an anderer Stelle ziehe, passt). Immer werde ich das sicher nicht spielen wollen, gerade für auf die Schnelle möchte ich es aber auch mal zum Leiten probieren.

Offline Chiarina

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #66 am: 13.11.2017 | 23:42 »
Zitat von: Runenstahl
Ist denn wirklich so willkürlich oder gar willkürlicher als in anderen Spielen ? Bei den meisten PbtA Spielen wird ja schließlich ausdrücklich darauf hingewiesen das der SL ein Fan der SC's sein soll.

Darauf wollte ich noch eingehen: Ja, da steht, der Spielleiter soll Fan der Charaktere sein. Dann wird aber zumindest bei Apocalypse World in nahezu allen Beispielen beschrieben, wie der MC den Charakteren möglichst heftig auf die Schädel klopft. Ich hatte zumindest ein wenig das Gefühl, eine derartige Spielleiterhaltung sei erwünscht:

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Online Runenstahl

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #67 am: 14.11.2017 | 00:13 »
Ein Fan der SC's zu sein, soll ja nicht bedeuten das ihnen alles gelingt und selbst bei Patzern nichts wirklich schlimmes passiert. Zumindest meine Interpretation ist eher, das man schon versucht die Geschichte spannend zu halten indem man gerade Teilerfolge oder Mißerfolge nutzt um die Spieler vor neue Probleme zu stellen. Es ist mMn nach eher die Art wie der SL den Ausgang von Spieleraktionen beschreibt.

Hier mal ein Beispiel von einem SL der kein Fan der Spieler ist:
"Dein Assassine hat also die Schleichenprobe vergeigt ? Also... du schleichst durch das Lager als du plötzlich in einen leeren Nachtopf trittst. Du erschreckst selbst und springst zur Seite nur um dabei über einen schlafenden Hund zu stolpern und in eine aufgestellte Rüstung zu fallen..." (und lacht dabei darüber wie "blöde" doch der SC ist)

Solche SL nutzen jede Gelegenheit um von der Unangreifbarkeit ihrer Position hinter dem Schirm heraus ihre Macht zu mißbrauchen um die Spieler zu "mißhandeln". Sie werden bei jeder Gelegenheit lächerlich gemacht und besonders die Lieblings NPC's solcher SL behandeln die SC's meist wie den letzten Dreck (und haben im Zweifel halt die Werte um das auch durchzuziehen).

Ein Fan der SC's macht diese auch bei Fehlschlägen nicht lächerlich. Besonders wenn die SC's eigentlich Profis sind (es sei denn man bespielt ein Slapstick Genre, dann ist das natürlich nicht nur erlaubt sondern sogar erwünscht). Da ist es denn eher ein:
"Ein Mißerfolg beim Schleichen ? Du schleichst durch das Lager als du eine Patroulie entdeckst. Schnell und nahezu lautlos huscht du in eine dunkle Ecke. Doch leider nur nahezu. Du streifst eine Zeltplane was ein leises Geräusch verursacht. Zu deinem Unglück sind die Wachen jedoch wirklich wachsam. Du siehst wie einer der beiden in deine Richtung sieht. Er scheint dich nicht entdeckt zu haben, stößt aber seinen Kumpel an und deutet in die Richtung deiner dunklen Ecke während er sein Schwert zieht und sich vorsichtig nähert..."

Nun sind gute und schlechte SL's bei jedem RPG zu finden. Der Unterschied für mich ist jedoch das bei PbtA ausdrücklich darauf hingewiesen wird das der SL eben Spielerfreundlich agieren soll anstatt seine eigene Story durchzudrücken oder "neutral" zu sein. Das machen meines Wissens nach nicht viele andere RPG's. Ob die PbtA SL's diese Anweisungen/Tipps dann auch umsetzen können ist natürlich eine andere Frage.
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 00:16 von Runenstahl »
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Offline Chiarina

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #68 am: 14.11.2017 | 01:04 »
Ich will ja gar nicht in Frage stellen, dass die ganzen Regeln mit den besten Absichten geschrieben wurden. Die Regeln für die Spielleiter Moves können trotzdem in ähnlichen Situationen zu sehr unterschiedlichen Resultaten führen - und auslegen tut sie allein der Spielleiter.

Stell dir vor, ein Player Move schlägt fehl. Der MC ist angehalten make as hard and direct a move as you like. Jetzt kann er Schaden austeilen oder Ausrüstung vernichten, was auch immer. Aber wenn er gar nicht in Stimmung ist, so einen hard and direct move zu machen? Immerhin steht da noch as you like! Also wählt er stattdessen eben Offer an opportunity without a cost.

Das sind Wahlmöglichkeiten, bei denen ich erstmal schlucken muss. Die Gefahr von Spielleiterwillkür ist zumindest nicht gerade vermindert.
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Offline Teylen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #69 am: 14.11.2017 | 01:41 »
Metaregeln tragen unter anderem dazu bei, dass ich ein bisschen flexibel bleibe. Sie fordern, dass ich mich auf Spielabläufe einstelle, die dem traditionellen Spiel ein wenig entgegenstehen.
Meines Erachtens ist das eine der Schwächen von PbtA Spielen. Man spielt entweder nach der Spielweise oder in dem Genre welches das PbtA Spiel vorgibt, oder gar nicht.
Wo man sich im traditionellen Spiel entscheiden kann wie man spielt, hat man die Freiheit respektive Flexibilität bei PbtA nicht. PbtA geht dahingehend hin und entmündigt die Spieler schlicht.
 
Das heißt man hat bei Urban Fantasy Vampire Spiel nicht so die Wahl zwischen "Politik", "Action", "Horror", "Taverne", "PvP" etc. sondern bekommt die Vorgaben des jeweiligen PbtA Variant hart reingedrückt. Wohingegen man bei traditionelleren oder schlicht anderen Systemen mitunter machen darf was man möchte. Mit Regeln die sich in die eine oder andere Richtung nutzen lassen, und die Nutzungsweise nicht als Regel formulieren.

Was dann den Stimmigkeitsgrad angeht.
Wenn du nicht unbedingt den Stil des PbtA Variant magst, fällt der Stimmigkeitsgrad so ziemlich gen 0%. Das ganze Spielerlebnis wird ein Railroad auf eine bestimmte Spielweise hin.
Wenn du ein anderes System magst, ist der Stimmigkeitsgrad, so je nach Gruppe zwischen 50% (man spielt halt mit) bis 100% - Ich kenne eine Gruppe die seit über 12 Jahren happy wie die Honig-Kekse ihre Spielweise spielt - mit der Option zu einer passenderen Gruppe zu wechseln.


Ansonsten kann man PbtA mitunter auch vorwerfen das der Spielleiter, wenn er ein halbwegs vernünftiger Spielleiter ist, die ganzen Züge nicht ausformuliert braucht, sondern wie in anderen Runden, als Techniken so anwendet, auf das alle in der Runde Spaß haben. Ich mein nichts hat mich in der letzten V5 Runde gehindert meine Spieler auf die Frage "Was gibt der Prinz uns dafür?" mit "Was würde dein Charakter vom Prinz für sowas haben mögen?" zu entgegnen. Nun oder den Fehlschlag eines Charakter (beim verfolgen) so zu gestalten das er erstmal separiert war. Damit zu arbeiten den allgemeinen Verfall darzustellen und werlei Dinge halt. Hab sogar einem Char als devils bargain angeboten das er quasi einfach einen Schaden nimmt (oder entdeckt wird)
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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #70 am: 14.11.2017 | 05:24 »
Das sind Wahlmöglichkeiten, bei denen ich erstmal schlucken muss. Die Gefahr von Spielleiterwillkür ist zumindest nicht gerade vermindert.

Man darf natürlich fragen, inwiefern Regeln dagegen überhaupt großartig erfolgreich vorgehen können.

Aber andererseits sind Regeln genau so Augenwischerei, die unterm Strich das selbe Maß an Vertrauen zwischen Spielern und SL und einen ebenso guten SL (egal wie man den genau definieren mag) voraussetzen wie ein Ansatz, der diesen Bereich komplett unverregelt lässt.


Da sollte man wohl wirklich ein bisschen deutlicher von SL-Tools o.Ä. sprechen oder sonstwie klarmachen, dass es vor Allem um Orientierung geht und nicht um Machteinschränkung.
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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #71 am: 14.11.2017 | 08:45 »
Da sollte man wohl wirklich ein bisschen deutlicher von SL-Tools o.Ä. sprechen oder sonstwie klarmachen, dass es vor Allem um Orientierung geht und nicht um Machteinschränkung.
Ist das denn so undeutlich? Ich meine, bei the Sprawl - was bezüglich der Regelhaftigkeit imho noch ein ganzes Stück über z.b. DW steht - findet sich Folgendes:

Zitat
Whenever you are at a loss as to what you should be doing as MC, look at your agenda.
(Agenda, 168)
Ja, da steht auch, dass das goldene Regeln sind, die man nicht ändern kann ohne ein anderes Spiel zu spielen, aber wie der Hexer eindrücklich vermittelt hat, ist die Agenda ja seehr allgemein gehalten.

Zitat
Principles are the specific tools you use [...]. They are best practices [...]
(Principles, 170)

Zitat
The moves are inspiration for you as MC
(Moves, 173)

Zitat
[...] breaking the MC's role into these tools (Agenda,
Principles, Moves) and story elements (Clocks, Corporations,  and Threats) makes running the Sprawl easier.
(Putting it all together, 187)

Soll heißen: Ja, manche Elemente wie Agenda und Countdown clocks gehören wirklich fest dazu, und Regeln sind das schon auch. Aber ich lese das nicht als "Besserspieler-SL-Machtbeschränkung", sondern als Hilfe, and der man sich entlanghangeln soll, wenn man nicht weiter weiß, und so habe ich es immer präsentiert empfunden.

Ich will den Lästerthread nicht zu sehr mit Apologetik vollklopfen und kann manche Kritik nachvollziehen (ich finde selbst das es manchmal relativ obskur ist, wie in anderen Spielen übliche Sachen zu lösen sind, und die Fokussierung auf eine Spielweise ist eben "Segen und Fluch zugleich") aber ich habe schon auch das Gefühl, vieles wird hier durch eine sehr negative Brille gesehen, die von einer gewissen Erwartungshaltung bzgl. "Wie das Spiel sein will und wie es mich kontrollieren möchte" herrührt.

« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 08:47 von Suro »
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eldaen

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #72 am: 14.11.2017 | 09:14 »
Vielleicht ist es auch gar nicht nur das Kontrollieren, sondern auch dieses rumgereite auf Dingen, die offensichtlich und selbstverständlich sein sollten.

In einem Artikel, den ich kürzlich gelesen habe, wurde "Meta-Gaming" mal ganz interessant definiert. Der Artikel hat nur bedingt was mit der Thematik hier zu tun, aber daran wird vielleicht klar, was ich meine:

In an RPG, a big part of what SHOULD be called the metagame is the idea of the social contract. Part of the game is a tacit agreement between the players and the GM that the game is a shared, noncompetitive experience. The players work together. The GM presents obstacles but isn’t actively invested in the players’ failure. And so on. The interactions at the table and the social rules that govern them? Those are part of the metagame.

Ich betone mal das TACIT. Natürlich ist es wichtig, auf einer Wellenlinie zu sein. Natürlich ist es wichtig, Methoden, Techniken usw zu haben, um das umzusetzen. Aber muss das Ganze dann gleich der Hauptinhalt des Spieles/Regelwerkes sein? Ich fahre gerne Rad. Allein oder in Gruppen. Aber ich bappe mir ja auch nicht lauter Post-Its an mein Lenkrad, weil ich sonst zwischendrin vergesse, wie ich richtig Fahrrad fahre, dass ich andere nicht anrempeln, meine Geschwindigkeit anpasse und abwechselnd in die Pedale trete. Und ich schulmeistere nicht ununterbrochen meine Mitfahrer mit dem Inhalt meiner Post-Its hin, sondern gehe schlicht davon aus, dass die sich auch entsprechend verhalten. Und genau so ist es bei PbtA, Fate, etc. Sie haben interessante Ansätze, die aber selbstverständlich sein, oder zumindest stillschweigend in das Spiel eingebaut werden sollten. Sonst wird man geschulmeistert.

Und dass dann im Brustton der Überzeugung Banalitäten und Selbstverständlichkeiten als Alleinstellungsmerkmal oder grandiose Innovation dargestellt werden, oder Dinge schlicht nur einen neuen Namen bekommen, die vom Kern her nix neues sind, macht es dann noch schlimmer. Ob ich nun sage "Ich benutze meinen Fahrrad Skill" oder ich mache einen "Bewegung-Move", die Unterschiede sind letztlich wumpe. (Ja, ich weiß, ich habs wieder bloß nicht verstanden, was die mir sagen wollen... Nein! Hab ich. Für mich steht nur schlicht der Aufwand, neue Terminologie und Diskussionen über Regeln am Spieltisch zu haben nicht im Verhältnis zum vermeintlichen Nutzen.) 

Und schließlich: Lässt man mal die Meta-nisierung des Social Contracts und das Herumgereite auf (etablierten oder neu entwickelten) Buzzwords weg - was bleibt denn dann von Spielen wie PbtA oder Fate? Ein ziemlich mickriger, wenig unterhaltsamer, unspannender Mechanismus. Alles, was diese Spiele mir liefern wollen kann ich abseits der Regeln auch mit jedem anderen Spiel haben. Nur haben die die besseren Regeln für den Rest.

Was mir diese Spiele angeblich so toll liefern können, halte ich zum für die Grundaufgabe des Spielleiters. Sich informieren über das, was beim Rollenspiel, inhaltlich, dramaturgisch, sozial aber auch regeltechnisch passiert. Und das bekomme ich wunderbar aufbereitet in System-neutralen Artikeln und Handbüchern zum Spielleiten. Deswegen als Antwort auf die Frage:

Moment, wenn du dich am Tisch nicht damit beschäftigst, wie man mit anderen Menschen umgeht oder die Welt verwaltet... was machst du dann genau?

Ich beschäftige mich außerhalb des Tisches damit, verinnerliche das und gewöhne mir entsprechendes Verhalten an und am Spieltisch wende ich es an. Das ist aber etwas völlig anderes, als es permanent am Spieltisch zu reflektieren oder gar zu diskutieren. Oder im Regelwerk dauernd aufs Auge gedrückt zu bekommen.

Solche Spiele sind mir schlicht zu pratentiös. Zu viel Gelaber, zu viel heiße Luft. Oder mit Shakespeare: Ich will "Mehr Inhalt, weniger Kunst!"
« Letzte Änderung: 14.11.2017 | 09:26 von HEXer »

Offline LushWoods

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #73 am: 14.11.2017 | 09:36 »
Ich verstehe voll was du in deinem letzten Post meinst.
Nur das Witzige ist das ich das in bisher noch keinem pbtA Spiel so beobachtet habe. Ich fühle mich da nirgends verarscht, bevormundet oder mit der eigenen Genialität zugebomt.


Dafür ist genau das was du beschreibst mein größter Kritikpunkt an FATE. Dieses "Ja, sorry du kannst deine echt coole Idee jetzt leider nicht durchführen weil du keinen FATE-Punkt mehr hast."-Geblödel.  ;D

Sorry, aber so was kann ich bei pbtA schlicht nicht finden.

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Re: [PbtA] Kritik und Remmidemmi
« Antwort #74 am: 14.11.2017 | 09:52 »
Auch ich habe das anders empfunden. Nicht umsonst ist in PbtA die Idee, Fiktion und Regeln in eine Konversation zu packen, sodass nicht über die Regeln geredet, sondern einfach gemeinsam gespielt wird. Der SL soll seine Moves ja (zumindest in DW) nicht mal benennen, sodass dieser Teil des Spiels am Tisch gar nicht prominent wird. Ein bekannter SL der viel DW spielt hat an seinem Tisch nach Möglichkeit überhaupt keine spielmechanischen Begriffe mehr.

Im Buch ist tatsächlich viel explizit; wenn man schon lange SL ist und alles toll läuft mag einem das als prätentiös-unnötig-banales Gelaber vorkommen. Ich, der ich zwar schon lange, aber nicht so viel Spiele, finde es sehr angenehm, dass sich eine Spielanleitung wie eine Spielanleitung liest, wichtige Dinge, die ich oft auch so sehe, auf den Punkt gebracht werden, und mir tatsächlich viel geholfen wird. Vielleicht wären einige der Dinge in einer separaten SL-Anleitung besser oder auch gut aufgehoben; mir persönlich ist es so gerade recht.

Aber wie gesagt, das hier ist natürlich der "Kritik und Remmidemmi"-Thread, und der ist nicht für (unter anderem auch) subjektive positive Erfahrungen, sondern für das Gegenteil da :)
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