Ich habe auch mal Claude Opus 4.5 getestet. Eigentlich spezialisiert sich Antrophic auf Software-Entwicklung (und ist das IMHO auch stärker als Google Gemini und OpenAI Codex), aber auch für Prosa ist es stark.
Die KI hatte sich unaufgefordert in den Kopf gesetzt, das Abenteuer als 12-seitiges Word-Dokument zu erstellen, was bedeutet, dass relativ komplexes JavaScript generiert werden muss, was dann die .docx erzeugt. Das funktionierte erst im dritten Anlauf, einmal kam die KI mit Anführungszeichen durcheinander, das andere Mal kam ein Timeout, was aber daran gelegen haben kann, dass natürlich jeder dieses neue Modell sofort ausprobieren wollte.
Ich mag den Schreibstil. Er passt zur norddeutschen Art, keine unnötigen Wörter zu machen. Leseprobe…
Karl-Friedrich Mommsen
Reeder und Antiquitätenhändler, 55 Jahre – Der Schuldige
Seine Weste spannt über dem Bauch. Seine Finger glänzen von Ringen. Sein Lächeln erreicht die Augen nicht. In seinem Arbeitszimmer in Hamburg steht ein Glaskasten mit einem Klumpen graubraunen Schlicks, der wie ein Herz geformt ist. Er weiß nicht, warum er ihn aufbewahrt. Er kann ihn nicht wegwerfen.
Akt I: Die Ankunft
Der Zug aus Husum endet in Mildstedt. Von dort führt eine Kutsche über schlammige Wege nach Westen, wo das Land flacher wird und der Himmel größer, bis beides sich am Horizont berührt. Der Wind schmeckt nach Salz. Die Möwen schreien wie hungrige Kinder.
Akt II: Die Ermittlung
Pastor Thordsen zeigt den Charakteren die alten Kirchenbücher und erklärt die Geschichte der Burchardiflut und Anna Martens.
Das Buch ist in Leder gebunden, das einst schwarz war und nun grau ist wie alles in diesem Dorf. Die Tinte ist verblasst, aber noch lesbar. Der Eintrag ist datiert auf den 18. Oktober 1634 – eine Woche nach der Burchardiflut.
Der Text: »Anna Martens aus Ostermoorhusen, Witwe seit der großen Flut. Berichtet von einer Erscheinung im Watt – einer Frau ohne Gesicht, die ihr drei Tage gab, ihre Kinder zu retten. Am dritten Tag ging Anna ins Meer. Die Fischer fanden ihre Kinder am Deich, lebend. Von Anna fanden sie nur ihr Herz, versteinert zu Schlick, in der Form, die es im Leben hatte. Sie begruben es bei dem Wrack, das sie die Sibylle nannten.«
Thordsens Erkenntnis: »Das Herz war ein Pfand«, erklärt der Pastor. »Die Frau aus dem Watt – nennen wir sie die Schlickweberin – gab Anna Zeit. Als die Zeit ablief, holte sie sich das Herz. Es war ein Tausch, verstehen Sie? Aber Mommsen hat das Herz genommen, ohne zu tauschen. Er hat gestohlen. Und das Watt...«
Er bricht ab. Draußen schreit eine Möwe.
Akt IV: Die Lösung
Marike steht am Priel, das Herz in den Händen. Ihr Blick ist ruhig. »Ik bün all lang reed«, sagt sie. Bereit. Sie weiß, was sie tut. Sie hat es immer gewusst.
Wenn Mommsen das Herz freiwillig an Marike gegeben hat – nicht nur physisch, sondern die Schuld übertragen hat –, kann sie die Rückgabe vollziehen. Aber sie wird den Preis zahlen: Ihre Zeit ist abgelaufen. Sie wird als Letzte in die Zwischenzeit gehen.
(Die KI hat im Anhang auf eine Übersetzung des Plattdeutschen beigefügt 😉)
Aus einem Impuls heraus, weil ich das ja eh nicht spielen oder leiten werde, bat ich dann die KI, sich zwei Ermittler auszudenken und daraus eine Novelle mit 10.000 Wörtern zu machen. Lies ist IMHO gut, allerdings kennen die Investigatoren bereits die gesamte Geschichte noch bevor sie in dem Dorf, zu dem sie gerufen wurde, ankommen. Da hat Claude die Idee eines Mysterie-Romans falsch verstanden. Dafür hat die KI mit 9700 Wörtern solide geliefert und zwei meiner Kollegen unterhalten, sodass wir vielleicht irgendwann mal Vaesen in der Firma spielen.