53. Candice Fox - Stunde um Stunde. Thalia hat diesmal einen Krimi als E-Book geschenkt, ich hatte Urlaub und ich mag Krimis, die nicht Schema F zu sein scheinen. In diesem Buch geht es um die Polizistin Lynette Lamb, deren Karriere vorbei ist, bevor sie überhaupt begonnen hat: nach einer feucht-fröhlichen Party hat sie den falschen Mann mit nach Hause genommen, einen Hacker, der ihre Zugangsdaten genutzt hat, um sich ins Netz des LAPD einzuhacken. Dabei hat er auch die Gang, die Detective Charlie Hoskins seit mehreren Jahren undercover beobachtet, auf die Spur desselben gebracht und seine Tarnung auffliegen lassen. Ausgerechnet Lynette ist diejenige, die Charlie vor der Rache der Gang rettet und ihn zu seinem nächsten Einsatz bringt: Die Eltern der kleinen Tilly haben sich in einem forensischen Labor verschanzt, zusammen mit drei Geiseln, und drohen damit, wichtige Beweise zu vernichten, wenn die Polizei nicht endlich das Verschwinden ihrer Tochter aufklärt. Für Charlie und Lynette beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit...
Die Prämisse "Verzweifelte Eltern überfallen ein Labor" klang echt gut, und der sich daraus entspinnende Fall ist spannend erzählt und jedesmal, wenn die Delaneys wieder eine Probe zerstören, möchte man als Leserin am liebsten aufschreien. Charlie ist leider ein bisschen sehr der harte Klischee-Detective, der sich selbst aus dem Krankenhaus entlässt, nachdem die Gang versucht hat, ihn umzubringen, dafür ist Lynette ein cooler Charakter, die im Laufe der Geschichte über sich hinauswächst. Mit der Auflösung habe ich übrigens nicht gerechnet, aber sie ist schlüssig und passt zum Rest. 4 von 5.
54. Dan Jones - Queer heroes of myth and legend. Im Grund sagt der Titel schon, worum es geht, Dan Jones hat eine Reihe von Charakteren aus verschiedenen Mythologien, Legenden und fantastischen Geschichten zusammengestellt, die entweder eindeutig queer sind/waren oder als queer angesehen werden können. Da finden sich Athene und Patroklos/Achilles, aber auch mir bisher unbekanntere Gestalten aus asiatischen Mythologien oder Willow und Tara aus dem Buffyverse.
Das Buch ist als Sachbuch nicht unbedingt der allergrößte Wurf, aber unterhaltsam und schön gemacht, und besonders die Personen, die ich noch nicht kannte, fand ich spannend. 4 von 5.
55. Greg Jenner - Dead famous - An unexpected history of celebrity from Bronze Age to Silver Screen. Auch hier sagt der Titel schon ganz genau, worum es geht, nämlich um das Berühmtsein. Das teilt Greg Jenner in verschiedene Kategorien auf, zum Beispiel gibt es das Kapitel von Berühmtheiten, die durch andere berühmt wurden, dann welche, die sich ihren Ruhm mehr oder weniger erschwindelt haben und so weiter. Das Ganze ist unglaublich britisch, unglaublich lustig und unglaublich gut recherchiert (ich glaube, der Kindle-Counter dachte, dass ich so lange für das Buch brauche, weil der Anhang so lang ist). Ich habe auch lange für das Buch gebraucht, aber eher deswegen, weil es irgendwann doch ein bisschen lang wird und einem von den ganzen Namen der Kopf schwirrt (wer Leute für das "Personen, die niemand kennt-Quiz" braucht: das ist euer Buch!). Aber ich habe es geschafft und nicht bereut. 4 von 5.
56. Alex Pohl - Eisige Tage. Als ich die Tage mal wieder in der Bücherei war, dachte ich mir, dass ich neben dem drölfzigsten "Petronella Apfelmus"-Buch auch noch einen Krimi ausleihen könnte, und meine Wahl fiel auf diesen. Die Kommissare Hanna Seiler und Milo Novic (sie verwitwete alleinerziehende Mutter, er als Kind aus dem Kosovo geflohen und irgendwo zwischen Autismus und Kriegstrauma) arbeiten in Leipzig und müssen den Mord an einem Anwalt aufklären, der offensichtlich Beziehungen zur Russen-Mafia hatte, aber auch andere, dunklere Geheimnisse hatte.
Zwischendurch wird die Geschichte der 13jährigen Luise erzählt, einem Mädchen aus gutem Haus, die an einen Loverboy und seinen nicht minder kriminellen Bruder gerät.
Ich glaube, ich habe seit den Krimis von Arnaldur Indridasson keinen so deprimierenden Krimi wie diesen gelesen. Es ist grau, es ist kalt, Leipzig ist voller Krimineller und Mafiosi, die Polizisten haben die Standard-Probleme (wobei Milo tatsächlich nicht so klischeemäßig wirkt wie Hanna, die sich ständig fragt, ob sie eine gute Mutter ist, aber Überstunden schiebt, und deren Ehemann ebenfalls Polizist war - ich glaube, das habe ich in gefühlt jedem deutschen Krimi mit Kommissarin gelesen) und natürlich stehen sie am Schluss in der Schuld des Oberkriminellen, der zwar ein brutaler Hund ist, aber seinem eigenen Ehrenkodex folgt, und der ganze Fall an sich ist ein Blick in menschliche Abgründe. Allerdings muss man dem Autor zugute halten, dass er sich so gut wie nie billiger Effekthascherei bedient und seine Schreibe durchaus spannend ist. Band 2 brauche ich trotzdem nicht. 3 von 5.
57. Christina Henry - Die Chroniken von Alice - Finsternis im Wunderland. Alice ist zurück aus dem Wunderland - verletzt an Körper und Seele und ohne ihre beste Freundin, mit der sie sich zu einem verbotenen Ausflug in die Alte Stadt aufgemacht hat. Ihre Familie hat sie in eine Irrenanstalt sperren lassen, die mehr eine Verwahranstalt ist als ein Krankenhaus, und ihr einziger "Freund" ist ihr Zellennachbar Hatch, der angeblich mehrere Männer mit einer Axt umgebracht hat - zumindest ist das das, was man ihm erzählt. Als eines Tages ein Feuer in der Anstalt ausbricht, sehen Alice und Hatch ihre Gelegenheit zur Flucht. Sie fliehen jedoch nicht allein: Der Jabberwock, ein dunkles magisches Wesen, ist ebenfalls entkommen, und trachtet ihnen nach dem Leben. Während Alice und Hatch noch herausfinden müssen, was mit ihnen passiert ist, sind sie die einzigen, die den Jabberwock aufhalten können, und so begeben sie sich in die Alte Stadt, wo Anarchie und Chaos herrschen.
Ich weiß nicht, was Lewis Carroll dazu gesagt hätte, dass aus seinem skurrilen und doch liebenswerten Buch ein wahrer Horror-Roman geworden ist. Ich fand die Neuinterpretation durchwachsen, die Interpretation einiger Figuren fand ich sehr gelungen, die anderer gar nicht. Es gibt sehr viel Blut und Gewalt im Buch, weder die Hauptpersonen noch ihre Gegner scheuen sich, sie einzusetzen, und Frauen sind in der Alten Stadt Freiwild, was sehr oft und sehr plakativ geschildert wird (neuere Bücher bekommen für sowas zu recht eine Triggerwarnung). Der Schluss ist etwas lahm, aber wenigstens verzichtet die Autorin darauf, ihren Protagonisten auch noch eine vollkommen unpassende Liebesgeschichte anzubasteln, denn die Wunden von Hatch und Alice lassen sich sicher nicht mit der Kraft der Liebe heilen. 3 von 5.
58. Douglas Preston/Lincoln Child - Relic - Museum der Angst. Im American Museum of Natural History in New York soll in Kürze eine große Ausstellung zum Thema "Aberglaube" stattfinden. Leider verschwinden kurz vor der Eröffnung zwei Jungen von ihrem Museumsbesuch, ihre Leichen werden kurz darauf gefunden und es sieht aus, als hätte ein Tier sie angefallen. Der Fall interessiert natürlich das NYPD in Form von Lieutenant Vincent D'Agosta, das FBI in Form von Special Agent Aloysius Pendergast sowie im Team "Zivilisten" die Doktorandin Margo, ihren Doktorvater Professor Frock und den Journalisten Bill Smithback, der eigentlich ein Buch über das Museum schreiben sollte.
Das Buch ist eins von der Sorte, wo man auf einem Bingokärtchen die Tropes abhaken kann - D'Agosta ist bärbeißig, aber mit Herz und entdeckt natürlich in der Not selbiges für Smithback, Margo hadert mit sich, ist aber eine brillante Wissenschaftlerin, Pendergast hält sich nicht an die Regeln und wird natürlich von einem Paragrafenreiter abgelöst, der außer Leute beleidigen und in Gefahr bringen nichts kann (man fragt sich immer, wie solche Leute, in der FBI-Hierarchie aufsteigen), die Führungsriege des Museums ist durch die Bank unsympathisch und inkompetent und man weiß eigentlich recht schnell, wer dran glauben muss. Aber das Ganze ist halt vor allen Dingen unterhaltsam, und besonders Douglas Preston weiß, wovon er schreibt, er hat schließlich selbst als Wissenschaftler am Museum of Natural History gearbeitet. Daher klingen die Ausführungen von Margo, Professor Frock und seinem Assistenten Kawakita auch nicht allzusehr nach Technobabble. Außerdem ist das Buch für seine 30 Jahre auch gut gealtert. Nur warum die Reihe nach Pendergast benannt wurde, ohne den die Geschichte genauso funktionieren würde, wird wohl immer ein Mysterium bleiben. 4 von 5.